Abstract
<b><i>Hintergrund:</i></b> Belastende Lebensereignisse wie beruflicher Stress, soziale Konflikte, Unfälle oder körperliche Gewalt sind häufig und können bei einem kleinen Teil der Betroffenen zu psychischen Störungen, wie einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), führen. Ein diagnostisches Problem ist anamnestisch die Abgrenzung zwischen ursächlichen Belastungsereignissen, Gelegenheitsursachen, Pseudoursachen oder retrospektiven Umdeutungen. Die Arbeit untersucht, wie häufig die Diagnose einer PTBS bei Patienten in ambulanter Verhaltenstherapie genannt wird und welche Ursachen, Befunde und Therapiemaßnahmen berichtet werden. <b><i>Stichprobe und Methode:</i></b> Es wurden 1'480 verhaltenstherapeutische Berichte an den Gutachter bezüglich der Vergabe der Diagnose PTBS untersucht. Fälle mit einer PTBS-Diagnose (<i>N</i> = 106) wurden mit zufällig ausgewählten sonstigen Behandlungsfällen ohne Erwähnung eines Traumas (<i>N</i> = 95) verglichen. <b><i>Ergebnisse:</i></b> In 7,16% wurde die Diagnose PTBS vergeben. In etwa 90% der Fälle beider Gruppen wurden anamnestisch krankheitsrelevante belastende Erlebnisse berichtet. Bei den PTBS-Fällen wurde nur in 17% ein lebensbedrohliches Ereignis geschildert. In etwa einem Viertel basierte die Trauma-Annahme nur auf therapeuten- oder patientenseitigen Anmutungen. In den PTBS-Fällen wurde das gesamte Spektrum an Expositionsverfahren genannt. <b><i>Diskussion:</i></b> Die Daten sprechen dafür, dass (a) belastende Erfahrungen von vielen Patienten berichtet werden, (b) die Diagnose PTBS dennoch nur in begrenztem Umfang gestellt wird, (c) bei PTBS-Fällen die diagnostischen Kriterien nur teilweise erfüllt scheinen, und (d) bei den PTBS-Fällen das gesamte Spektrum an Expositionstechniken benannt wird. <b><i>Schlussfolgerung:</i></b> Stressassoziierte Erkrankungszustände bedürfen einer sorgfältigen Differenzierung.
Subject
Psychiatry and Mental health,Clinical Psychology
Cited by
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