Übersicht über Bildgebungs- befunde zum phonologischen Defizit der Lese-Rechtschreibstörung bei Kindern und Erwachsenen: Grundlegende Defizite oder Anzeichen von Kompensation?

Abstract

Zusammenfassung: In frühen Bildgebungsstudien zur Untersuchung der neurobiologischen Korrelate des phonologischen Defizits der LRS konnten aufgrund der radioaktiven Belastung im Rahmen von PET-Untersuchungen lediglich erwachsene Probanden mit LRS untersucht werden. Die in diesen Studien beobachteten Aktivierungsunterschiede zwischen normallesenden erwachsenen Probanden und Probanden mit LRS ließen die Frage offen, ob es sich hierbei um grundlegende Aktivierungsdefizite handelte oder ob sie als Abbild der lebenslangen Erfahrung mit schlechten Lese- und Rechtschreibfähigkeiten und somit als Zeichen von Kompensation zu werten waren. Durch den Einsatz des fMRI konnten in den letzten Jahren auch Kinder mit LRS untersucht werden, um die der LRS zugrunde liegenden neurobiologischen Aktivierungsmuster zu untersuchen. Insgesamt deuten die Bildgebungsbefunde bei Kindern und Erwachsenen mit LRS darauf hin, dass die linkshemisphärischen inferior frontalen sowie dorsalen und ventralen temporalen Aktivierungsunterschiede, die in allen Altersstufen bei der Verarbeitung von phonologischen Sprachaufgaben zu beobachten sind, als grundlegendes neurobiologisches Defizit der LRS gewertet werden können. Rechtshemisphärische Aktivierungsunterschiede, die im deutschen Sprachraum zwar bei Erwachsenen, aber nur in sehr geringem Maße bei Kindern mit LRS zu beobachten sind, könnten hingegen als Abbild von entwicklungsbedingten Kompensationsprozessen zu werten sein.