Affiliation:
1. Humboldt-Universität zu Berlin Juristische Fakultät Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien Bebelplatz 2 10117 Berlin Tel.: +49 (0)30 2093 3467 Germany Berlin
Abstract
Zusammenfassung
Geschlechtersegregierte Toiletten sind Räume der interaktiven, symbolischen und zugleich alltäglichen, durch Einschreibung in die Körper höchst wirkmächtigen Herstellung hierarchischer Geschlechterverhältnisse. Soziologisch interessant sind die Verdichtung ineinandergreifender individueller, kollektiver und struktureller Prozesse der Konstitution von Geschlecht, welche verschiedene Geschlechtertheorien exemplarisch verdeutlichen können, sowie die in diesem Kontext wenig erforschten alltäglichen vor-reflexiven Praktiken der Bestätigung von Geschlechts-Körpern. Auch im Sprechen über die behauptete Notwendigkeit geschlechtersegregierter Toiletten wird die bipolare Heteronorm bzw. Heteronormativität beständig abgesichert, wie die Auswertung einer entsprechenden Forumsdiskussion zeigt. Die teils aggressive Behauptung gängiger Geschlechterstereotype, Naturalisierungsstrategien, ent-politisierende Intimitätsargumente und die strategische Bezugnahme auf geschlechtsspezifische Gewalt zur Absicherung männlicher Privilegien belegen einmal mehr, dass es hier nicht nur um die Rechte einer vielzitierten Minderheit geht, sondern um gesellschaftlich-strukturell bedeutsame Normen. In einem diesen Erkenntnissen entsprechenden, mehrdimensionalen Modell von Geschlechtsdiskriminierung, welches die externe wie die interne Dimension berücksichtigt, erweist sich die Geschlechtersegregation von Toiletten als Verletzung des Verbots der Geschlechtsdiskriminierung aus Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz und des Gebots der Gleichberechtigung aus Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz, welche nicht gerechtfertigt werden kann.
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