1. Die seit M. Schultze's Untersuchungen erst zum richtigen morphologischen Verständniss gekommenen Muskelkörperchen, früher als “Muskelkerne” beschrieben, bilden die Protoplasmasubstanz der Muskelfaser, während die quergestreifte Substanz nach Analogie einer Intercellularsubstanz ihnen gegenübersteht. Das Protoplasma ist um die bekannten Muskelkerne in kleineren oder grösseren Massen angehäuft; aber diese hängen mittelst feiner, fadenförmiger Ausläufer überall durch den ganzen Muskelinhalt zusammen, so dass ein Netzwerk feiner Protoplasmafäden mit kernhaltigen Verbreiterungen den quergestreiften Inhalt durchzieht. Darauf reducirt sich das Böttcher'sche und Leydig'sche Kanalsystem. Mit schwachen Essigsäure-Mischungen behandelte Froschmuskeln zeigen dieses Verhalten am deutlichsten. Nach längerer Maceration in diesen Flüssigkeiten lassen sich die Körperchen als lange spindelmitunter auch sternförmige Zellen, die hie und da noch zusammenhängen, isoliren, während der quergestreifte Inhalt sich auflöst. Beale hat kürzlich eine Mittheilung gemacht, s. Quaterly Journal of Microscopical Society New Series No. 17. Januar, 1865. p. 88, wonach die Muskelkörperchen in naher Beziehung zum Wachsthum der Muskelfasern stehen sollten, indem ihre Protoplasmasubstanz sich allmälig in quergestreifte Masse umwandle. Ich halte die Frage für berechtigt, ob nicht die Muskelkörperchen sich auch direct an den Contractionserscheinungen der Muskeln betheiligen. Wenn man die mächtigen Anhäufungen von Körperchen in den Froschmuskeln und bei vielen Insektenmuskeln zusammenhält mit der wohl ziemlich allgemein anerkannten Contractilität des Protoplasmas überhaupt, so scheint es, als ob dem Muskelprotoplasma nicht bloss ein passives Verhalten bei der Muskelcontraction zukomme.
2. Diese in jüngster Zeit viel genannten und von den Franzosen namentlich mit besonderer Vorliebe behandelten “Myéloplaxes” sind keineswegs etwas Besonderes, sondern scheinen überall da vorzukommen, wo es sich um rasche Bildung von zelligen Elementen handelt. Allerdings haben sie eine besondere Neigung sich in den zum Knochensystem gehörenden Geweben zu bilden. So fand ich sie unter andern bei einer Periostitis des Oberschenkels in ganz enormen Mengen und Grössen an der Innenfläche des Periosts. Auch bei der normalen Verknöcherung kommen ganze Gruppen von Osteoblasten in eine vielkernige Zelle verschmolzen vor. Aehnliches findet man nun hier beim Muskelgewebe. Es scheint mir daher wenig gerechtfertigt, eine neue Species von Tumoren des Knochensystems auf diese Zellenform gründen zu wollen, wie es vor Kurzem E. Nélaton gethan hat, siehe dessen “D'une nouvelle espèce de tumeurs bénignes des os ou tumeurs à myéloplaxes. Paris, 1860.”
3. Cf. die vorhin mitgetheilte Bemerkung Billroth's. Virchow's Archiv. Bd. VIII. S. 260 ff.
4. Virchow's Archiv. IV. 1852. “Ueber parenchymatöse Entzündung” und “Ueber Entzündung und Ruptur des M. rectus abdom.” Würzburger Verhandl. 1857. Bd. 7. S. 213.
5. W. Krause macht, “Göttingische Gelehrte Anzeigen” 1865. Stück 11, S. 436, darauf aufmerksam, dass todtenstarre Muskeln das gleiche Aussehen böten, wie die wachsartig degenerirteń Stellen. Das ist nicht ganz richtig. Todtenstarre, unverletzte Muskeln sehen unter dem Mikroskop ganz dunkel, körnig aus mit nahe gerückten Querstreifen. Siehe auch W. Kühne, Ueber die Bewegungen und Veränderungen der contractilen Substanzen, Reichert's und Dubois-Reymond's Archiv. 1859. S. 752 ff. — Man kann das sehr gut bei Insektenmuskeln beobachten, die man unter dem Objectiv todtenstarr werden lässt. Wachsglänzend sehen die Riss- und Bruchstellen todtenstarrer Muskeln aus. Wahrscheinlich wirkt beides, Starre und mechanische Läsion, zusammen, um das glänzende Aussehen zu erzeugen.