Die Verwirklichung von Lebenschancen ist maßgeblich davon abhängig, inwiefern es Personen gelingt, zu bestimmten Zeitpunkten an bestimmten Orten im physischen Raum zu sein. Alltagsmobilität sollte demnach als ein relevantes Phänomen für die (Re)Produktion sozialer Ungleichheiten adressiert werden. Der vorliegende Beitrag entwickelt, unter Rückgriff auf Elias‘ Individualisierungsverständnis sowie Bourdieus Sozialkapitalbegriff, eine Perspektive, die die Rolle des Autos in diesem Zusammenhang nicht allein über seinen Besitz durch Individuen, sondern über seine Verfügbarkeit in sozialen Netzwerken erschließt. Hierzu werden qualitative Interviews, ego-zentrierte Netzwerkdaten sowie GPS-Bewegungsdaten von 30 Bewohner:innen ländlicher Peripherien entlang der Dimensionen von Mobilitätschancen sowie Mobilitätszwängen mit Ausrichtung an der Grounded Theorie Methodologie analysiert. Die Ergebnisse zeigen anhand von vier emblematischen Detailfällen auf, inwiefern der relationale Charakter von Autoverfügbarkeit einen bedeutsamen Einfluss auf individuelle Lebenschancen ausübt. Mit Hilfe einer netzwerkanalytischen Perspektive und dem direkten Bezug auf realisierte zweiwöchige Mobilitäten wird ersichtlich, warum auch Personen mit hoher Bewegungsfähigkeit (Motilität) einseitigen Mobilitätszwängen unterliegen können, wenn Teile ihres sozialen Netzwerkes eine geringe Motilität aufweisen. Mobilität, so das Argument dieses Artikels, ist somit weder allein auf Individualebene anzusiedeln noch mit einem naiven Freiheitsbegriff gleichzusetzen, sondern sollte soziologisch als relationales, ambivalentes und ungleichheits(re)produzierendes Phänomen adressiert werden.