Affiliation:
1. TÜRK-ALMAN ÜNİVERSİTESİ
Abstract
Diese Forschungsarbeit widmet sich Katharina Hackers Roman Eine Dorfgeschichte (2011) im Rahmen der Erinnerungsliteratur, insbesondere den Erinnerungen der Zeugengeneration des Zweiten Weltkriegs. Zur Analyse des anspruchsvollen Erzählstils greift die Studie auf einen interdisziplinären Ansatz zurück, der auf Aleida Assmanns theoretischen Arbeiten zu Gedächtnis und Erinnerung sowie Paul Ricœurs Phänomenologie der Schuld basiert. Ziel dieser Untersuchung ist es, die Verwendung, Analyse und Interpretation von Symbolen als Mittel zur Suche nach Vergebung oder zum Vergessen des unaussprechlichen Grauens der Nazi-Vergangenheit herauszustellen. Die Interaktion von Erinnerung und Metapher, insbesondere in der Symbolsprache, gewinnt dabei an Bedeutung und bezieht Erkenntnisse von Assmann und Ricœur ein. Der Roman behandelt die Themen Schuld und Verantwortung und offenbart die komplexe Dynamik zwischen individueller Schuld und kollektiver Reflexion. Katharina Hacker bedient sich eines bildhaft-animatorischen Erzählstils und nutzt Metaphern, vor allem, um die nachhaltigen Auswirkungen einer traumatischen Nazi-Vergangenheit zu verdeutlichen. Die Erzählung reflektiert über Schuld in einem bedeutenden politisch-historischen Kontext, nämlich dem der vertriebenen Sudetendeutschen, und stimmt mit Ricœurs Perspektive überein, dass eine engagierte Auseinandersetzung mit Schuld ethische Einsichten fördert. Der Roman entfaltet sich als animierte Erinnerung der Enkeltochter, die versucht, die unausgesprochene und verheimlichte Vergangenheit der Großeltern und deren Kriegs-Trauma zu verstehen. Anhand der Methode der phänomenologischen Hermeneutik, die durch Paul Ricœurs Arbeitshypothesen in seinen Werken Die Fehlbarkeit des Menschen – Phänomenologie der Schuld I (1972) und Symbolik des Bösen – Phänomenologie der Schuld II (2002) gestützt wird, lässt sich eine in die Erzählung eingeflochtene onirische Symbolik erkennen, die wiederum ein tief liegendes Trauma der Kriegszeugen widerspiegelt.
Publisher
GERDER-Germanistler Dernegi
Reference17 articles.
1. Assmann, Aleida (1993): Mnemosyne: Formen und Funktionen der kulturellen Erinnerung. Frankfurt a. Main: S. Fischer- Verlag, 27-28.
2. Assmann, Aleida (2011): Wem gehört die Geschichte? Fakten und Fiktionen in der neueren deutschen Erinnerungsliteratur. Internationales Archiv für Sozialgeschichte, 222.
3. Butzer Günter / Jacob, Joachim (2012): Metzler Lexikon literarischer Symbole. Stuttgart: J.B. Metzler, 203.
4. Hacker, Katharina (2011): Eine Dorfgeschichte. Frankfurt a. Main: S. Fischer Verlag.
5. Herrmann, Steffen K. (2010): Levinas-Von der Gewalt des Angesichts zur Gewalt des Schweigens, Göttingen: Hubert&Co.