Affiliation:
1. Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Bern
Abstract
Zusammenfassung. Als vor über 25 Jahren systematisch mit der wissenschaftlichen Untersuchung der Wirksamkeit von Behandlungen für Patienten mit einer Komorbidität von Psychose und Sucht begonnen wurde, bezeichneten einzelne Autoren deren Therapie als eine «mission impossible». Rund die Hälfte aller Personen mit einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Substanzkonsumstörung, davon etwa ein Drittel eine komorbide Alkoholkonsumstörung und etwa ein Viertel eine komorbide Substanzkonsumstörung mit anderen Suchtmitteln. Es gibt kein allgemein gültiges Ätiologiemodell zur Erklärung über den Zusammenhang zwischen Psychose und Sucht. Erwartungswidrig fand das Selbstmedikationsmodell empirisch kaum Bestätigung, während das psychologische Affektregulationsmodell, das Vulnerabilitäts-Stress-Modell einer spezifischen Sensitivität auf Suchtmittel bei Prädisposition einer Psychose oder das neurobiologische Gemeinsame-Faktoren-Modell einer Dysfunktion des Dopaminhaushalts im mesocorticolimbischen Belohnungssystem, die primär zur Abhängigkeitserkrankung prädisponiert, empirische Unterstützung finden. Die Studien zur psychosozial-psychotherapeutischen und pharmakologischen Behandlung von Patienten mit Psychose und Sucht sind in den Patienten-, Störungs-, Behandlungs-, Settings- und Ergebnisvariablen derart heterogen, dass kaum zwei vergleichbare Untersuchungen zu finden sind, um wissenschaftlich gesicherte Aussagen zur Wirksamkeit verschiedener Therapien machen zu können. Erfolgversprechend scheinen sogenannte integrative Behandlungsprogramme zu sein, die psycho- und pharmakotherapeutische Interventionen zur Behandlung der psychotischen Erkrankung und der Substanzkonsumstörung kohärent zusammenfügen und flexibel auf die individuellen Patientenbedürfnisse abgestimmt werden können. In der Regel werden diese Interventionen zur selben Zeit, im selben Setting und durch dieselben Therapeuten durchgeführt. Erfolgreiche integrative Behandlungsprogramme enthalten meist motivationsfördernde Interventionen, störungsspezifische kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen, Suchtmittelkonsum reduzierende Interventionen wie Rückfallprävention oder Kontingenzmanagement und / oder Familieninterventionen. Sie kombinieren diese Therapieverfahren am besten mit Antipsychotika zweiter Generation, gegebenenfalls mit einer Medikation zur Verringerung des Suchtmittelkonsums. Wenn auch keine «mission impossible» so bleibt die Behandlung von Patienten mit Psychose und Sucht eine komplexe Herausforderung für Forschung und Klinik.
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