Therapeutische Implikationen gender-spezifischer Aspekte von Herzkrankheiten

Author:

Lehmkuhl 1,Regitz-Zagrosek 1

Affiliation:

1. Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen, Geschlechterforschung in der Medizin/GIM, Deutsches Herzzentrum Berlin und Charité/CCR, Berlin

Abstract

Bei Herz-Kreislauferkrankungen wie zum Beispiel Herzinsuffizienz und koronare Herzerkrankung finden sich in Ätiologie und Pathophysiologie der Erkrankung aber auch in der klinischen Präsentation, im Krankheitsverlauf und in der Therapieantwort Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Diabetes und Hypertonie sind bei Frauen wichtigere Risikofaktoren als bei Männern; die Mechanismen, die zur Ausbildung eines manifesten Diabetes führen bzw. die klinischen Vorstufen sind bei Frauen und Männern unterschiedlich und dementsprechend ergeben sich auch unterschiedliche therapeutische Ansätze. Diastolische Herzinsuffizienz ist häufiger bei Frauen und das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil wichtiger Medikamentengruppen ist bei Frauen und Männern, wenn auch zum Teil diskret, unterschiedlich. Vorhofflimmern und ventrikuläre Arrhythmien unterscheiden sich in ihrer Häufigkeit, medikamenteninduzierte Tachykardien mit verlängerter QT-Zeit finden sich insbesondere bei Frauen. Pathomechanismen, die den Geschlechterunterschieden in der Pharmakotherapie zugrunde liegen, sind einmal Unterschiede in der Pharmakokinetik. Vor allem Arzneimittel, die über den Cytochrom P 450 CYP 3A Stoffwechselweg metabolisiert werden, haben bei Frauen und Männern eine andere Kinetik. Weiter liegen wichtige Unterschiede im Bereich der Pharmakodynamik vor, die zum Teil auf der Interaktion mit Sexualhormon vermittelten Effekten oder mit Produkten X-chromosomaler Gene beruhen. Der Nachweis von Östrogen- und Testosteronrezeptoren im kardiovaskulären System, die Interaktion der Sexualhormone mit zentralen zellulären Stoffwechselwegen und die Rolle X-chromosomaler Gene steht im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Weiter spielt die Interaktion der Sexualhormonrezeptoren mit anderen nukleären Rezeptoren, z.B. den PPARs («peroxisome proliferator-activated receptors») eine wichtige Rolle. Konsequenzen für die Praxis liegen einmal in der Berücksichtigung der Pharmakokinetik bei Frauen und entsprechenden Dosisanpassungen wichtiger Medikamente; im weiteren Verlauf die Berücksichtigung von Geschlechterunterschieden in der Arzneimittelwirkung. Beide Gesichtspunkte müssen in der Arzneimittelentwicklung bedacht werden. Insgesamt gibt es genügend gute Gründe, Grundlagen-, klinische Forschung und Versorgungsforschung zum Thema der Geschlechterunterschiede bei Herz-Kreislauferkrankungen zu aktivieren.

Publisher

Hogrefe Publishing Group

Subject

General Medicine

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