Affiliation:
1. Brainability, Developing Human & Organizational Potentials, Zurich
Abstract
Zusammenfassung. Placebophänomene und seine negative Kehrseite – sog. Nocebophänomene – sind aktive und objektivierbare psychoneurobiologische Reaktionen des Organismus, die als solche Einfluss auf den Heilungsprozess haben und daher klinisch relevant sind. Sie sind dem therapeutischen Gesamtbehandlungskontext zuzuordnen und können dadurch sowohl bei Schein- als auch bei Verumbehandlungen auftreten. Psychologische Erklärungsansätze zeigen, dass diese auf bewussten und unbewussten Lernprozessen basieren und das Ausmass der Placebo- und Noceboreaktion primär durch Erwartungshaltungen, die Qualität der Arzt-Patient-Kommunikation und Konditionierung bestimmt wird. Neurobiologisch werden diese Prozesse über unterschiedliche Signalsysteme vermittelt, die verschiedene Arten von Placeboreaktionen bedingen. Am besten erforscht sind diese bisher bei der Schmerzmodulation in Form der Placeboanalgesie bei positiver bzw. der Nocebohyperalgesie bei negativer Erwartung. Die Erkenntnisse der Placebo- und Noceboforschung können dafür genutzt werden, die mit dem Behandlungskontext assoziierten psychosozialen Komponenten besser und gezielter in der alltäglichen medizinischen Praxis einzusetzen, um damit bereits wirksame Verumbehandlungen zum Wohle des Patienten weiter zu optimieren. Durch die Maximierung von Placebo- und Minimierung von Nocebokomponenten kann die Wirksamkeit und Verträglichkeit von pharmakologischen Substanzen ohne Täuschung gesteigert, unerwünschte Nebenwirkungen reduziert, die Compliance erhöht und Kosten gespart werden. Im Artikel werden verschiedene praxisrelevante Ansätze und psychologische Strategien für die systematische Nutzung dieser Mechanismen zur Optimierung von Schmerztherapien vorgestellt.