Affiliation:
1. Solothurner Spitäler AG, Schweiz
2. Angewandte Forschung & Entwicklung Pflege, Berner Fachhochschule, Schweiz
3. Universitäre Psychiatrische Dienste Bern, Schweiz
Abstract
Zusammenfassung: Hintergrund: Zwangsmaßnahmen (ZM) sind in der psychiatrischen Versorgung dringend zu reduzieren. Die Interaktionen zwischen Patient_innen, Pflegefachpersonen (PP) und ärztlichen Fachpersonen beeinflussen den Verlauf von ZM. Ziel: Die Interaktionen vor, während und nach ZM werden aus den Perspektiven der beteiligten Personen beschrieben und gegenübergestellt, um daraus Potential für Prävention und Qualitätsverbesserung zu erkennen. Methoden: Eine multiple Fallstudie zu drei ZM wurde durchgeführt, jeweils bestehend aus Interviews mit drei Beteiligten, Falldokumentation, Fotos und Beobachtung. Das Datenmaterial wurde thematisch analysiert mit anschließender Single-Case- und Cross-Case-Analyse. Ergebnisse: Drei Spannungsfelder zeigten sich: Anspannung und Entspannung, Menschlichkeit und Entmenschlichung sowie Sicherheit und Autonomie. Die Phase vor der ZM war geprägt durch wechselwirkende Spannungen und dem Einfluss von Emotionen und Stress. In allen Fällen lag eine verbale Kommunikationsstörung vor. Während der ZM bestimmte die Qualität der Interaktion zwischen PP und Patient_in deren Erleben. Nach der ZM standen Auswirkungen der ZM auf die Personen und Beziehungen sowie Reflexionen im Vordergrund. Schlussfolgerungen: Deeskalationstechniken erweisen sich als zentral, wobei künftig ein besonderes Augenmerk auf emotionale und nonverbale Aspekte gelegt werden sollte. Die Resultate bestätigen die Bedeutung von Empathie und Respekt während des gesamten Prozesses hinsichtlich Prävention und Pflegequalität. Nachbesprechungen zu erfolgten ZM sollten routinemäßig durchgeführt werden.