Affiliation:
1. Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität zu Köln, Deutschland
Abstract
Zusammenfassung. Fragestellung: Menschen mit Tic-Störungen (TS) berichten im Kindesalter selten, im Erwachsenenalter mehrheitlich von Vorgefühlen vor Ausführen eines Tics. Die Vorgefühle sind situationsabhängig und variieren sowohl intra- als auch interindividuell. Bei Jugendlichen wurden Zusammenhänge des Vorgefühls mit metakognitiven Überzeugungen gefunden, bei altersgemischten Stichproben Auffälligkeiten in interozeptiver Sensibilität. Wir untersuchten unter Berücksichtigung des Tic-Schweregrads den Zusammenhang von Vorgefühlen, Metakognitionen und interozeptiver Sensibilität über die Lebensspanne hinweg. Methodik: 59 TS-Betroffene nahmen an einer Online-Fragebogenstudie teil. Vorgefühle wurden über die Premonitory Urge for Tics Scale (PUTS) erfasst, der Tic-Schweregrad über den Selbstbeurteilungsbogen TIC (DISYPS-III: SBB-TIC), die interozeptive Bewusstheit über eine Kurzform der Bewusstheitsskala des Body Perception Questionnaire (BPQ-A) und metakognitive Überzeugungen in Bezug auf Tics über die Belief About Tics Scale (BATS). Ergebnisse: Erwachsene berichten höhere PUTS-Werte. Bei Kindern steigt die interozeptive Sensibilität mit zunehmendem Alter. Interozeptive Sensibilität korreliert mit der PUTS. BATS und BPQ sagen PUTS vorher, auch wenn für Tics und Alter kontrolliert wird. Schlussfolgerungen: Es ist davon auszugehen, dass die gefundenen altersabhängigen Entwicklungen des Vorgefühls im Jugendalter auf hirnphysiologische Reifungsprozesse zurückzuführen sind. Negative Metakognitionen und Interozeptionsfähigkeit sind jedoch ebenfalls von Bedeutung bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Vorgefühlen und könnten therapeutisch genutzt werden.
Subject
Psychiatry and Mental health,Clinical Psychology,General Medicine,Pediatrics, Perinatology and Child Health