Affiliation:
1. Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, Universitätsklinikum Ulm, Deutschland
Abstract
Zusammenfassung. Das Forschungsprojekt „Aufarbeitung der Ehrungen der DGKJP“ hat alle von der Fachgesellschaft zwischen 1950 (Wiedergründung nach Kriegsende) und 1990 (deutsche Wiedervereinigung) geehrten Personen auf die Angemessenheit der Ehrung überprüft. Insbesondere wurde untersucht, ob die Geehrten im Nationalsozialismus gegen die ärztliche Berufsethik verstoßen hatten, wie z. B. Erstellung von T4-Gutachten, die in ihrem Ergebnis zum Tod der Patient*innen führten, Arbeit in „Kinderfachabteilungen“, in denen Kinder gezielt durch Gabe von Medikamenten getötet wurden und jede Form von nichttherapeutischen Menschenversuchen. 1957 wurde erstmalig die Heinrich-Hoffmann-Medaille verliehen und ab 1963 die Ehrenmitgliedschaft. Von 1957 bis 1990 wurden 19 Ehrenmitgliedschaften und neun Heinrich-Hoffmann-Medaillen verliehen, somit an 27 Persönlichkeiten (eine erhielt beide Auszeichnungen). Bei drei geehrten Persönlichkeiten wurden Verstöße gegen die ärztliche Berufsethik identifiziert. Nach langen internen Diskussionen hatte sich die DGKJP bereits 2002 und 2007 von diesen dreien distanziert: Elisabeth Hecker (1895–1986), Hans-Alois Schmitz (1899–1973) und Werner Villinger (1887–1961). Die von Villinger propagierte „praktische Unerziehbarkeit“, das „Minderwertigkeitsdenken“, war der gemeinsame gedankliche Hintergrund. Öffentlich wurden diese Distanzierungen bisher kaum wahrgenommen, bis 2021 gab es dazu lediglich kurze Mitteilungen im Mitteilungsblatt. Elf Geehrte waren Mitglied der NSDAP ohne nachweisliche Ethikverstöße. Diskutiert werden drei weitere Geehrte, bei denen Ethikverstöße weder definitiv auszuschließen noch definitiv festzustellen sind.
Subject
Psychiatry and Mental health,Clinical Psychology,General Medicine,Pediatrics, Perinatology and Child Health