Affiliation:
1. IFT Institut für Therapieforschung, München, Deutschland
2. salus kliniken, Hürth, Deutschland
Abstract
Zusammenfassung: Hintergrund: Durch differenzielle Behandlungsdauern bei der stationären Behandlung alkoholabhängiger Personen könnten Behandlungskosten eingespart, Abstinenzquoten verbessert und psychische und finanzielle Folgekosten reduziert werden. Fragestellung: Welche Patient_innen-Merkmale korrelieren, unter Berücksichtigung der Behandlungsdauer, mit durchgehender einjähriger Abstinenz nach stationärer verhaltenstherapeutischer Behandlung? Methode: Naturalistische retrospektive Katamnesestudie (N=1688), in der getrennt für fünf Behandlungsdauern (28–56, 57–70, 71–93, 94–109, >109 Tage) drei Auswertungsmethoden zur Hypothesengenerierung angewendet wurden: 1) multivariate Analyse des Rückfalls, 2) univariate Analyse der Abstinenz, 3) univariate Analyse von drei Extremgruppen: geringste und höchste Abstinenzquote und längste Behandlungsdauer. Ergebnisse: Jüngere (OR: 2.7; 95 % KI: 1.7–4.4), arbeitslose (OR: 3; 95 % KI: 1.7–5.2) und therapieerfahrene (OR: 2.7; 95 % KI: 1.6–4.4) Patient_innen waren gehäuft rückfällig (p<.001) bei einer vier- bis achtwöchigen Behandlungsdauer. Im Vergleich zu einer Gruppe mit all diesen drei Merkmalen, hatten ältere, nicht-arbeitslose und therapieunerfahrene Patient_innen eine vierfach erhöhte Abstinenzquote (50.1 % vs. 12 %; p<.001; N: 371 vs. 184), obwohl 38 % dieser Patient_innen nicht länger als acht Wochen behandelt wurden. Schlussfolgerungen: Nach jetzigem Kenntnisstand wäre es wahrscheinlich am sinnvollsten wenn, entsprechend den verhaltenstherapeutischen Grundprinzipien, Patient_in und Therapeut_in gemeinsam entscheiden, welche Behandlungsdauer erfolgsversprechend ist, unter Berücksichtigung der Befunde der empirischen Prognoseforschung, den Ergebnissen ausgewählter Tests, der Prognose-Einschätzung der/des Patient_in, einschließlich der Zukunftsplanung, und dem klinischen Eindruck des Therapeuten/der Therapeutin. Die unabhängig von der Behandlungsdauer niedrige Abstinenzquote der Therapieerfahrenen lässt vermuten, dass dieser Gruppe eher über die Entwicklung neuer Interventionen als über Zunahme der Behandlungsdauer geholfen werden kann.
Subject
Psychiatry and Mental health,Public Health, Environmental and Occupational Health,Medicine (miscellaneous)