Affiliation:
1. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinikum Leipzig
Abstract
Zusammenfassung. Ziel: Der vorliegende Beitrag beschreibt Erklärungsmodelle der Sucht von 34 Jugendlichen mit Substanzgebrauch. Die Befragungen erfolgten zu Beginn einer erstmaligen Aufnahme auf eine Suchtstation. Methode: Es wurden strukturierte Interviews mit 34 Jugendlichen im Alter von 14 bis 20 Jahren geführt und nach der Methode der Qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Ergebnisse: Bei der Frage nach der Definition von Sucht wurde von den Jugendlichen hauptsächlich das Merkmal „Suchtdruck“ genannt. Die Abhängigkeitskriterien des ICD-10 sind, mit Ausnahme von „Suchtdruck“, in den spontanen Suchtdefinitionen unterrepräsentiert. Körperliche Entzugssymptome wurden nur von einer Minderheit thematisiert und können nur von 65 % der Teilnehmer angemessen beschrieben werden. Am ehesten können sich die Jugendlichen vorstellen, Suchtprobleme bei ihren Freunden anzusprechen. Ein Suchtproblem kann nach Ansicht der Jugendlichen v. a. durch die mentale Stärke des Betroffenen erfolgreich behandelt werden. Der Konsum von Cannabis wird von den Teilnehmern verharmlost. Die Ergebnisse erlauben es Tendenzen zu entnehmen, zeigen jedoch auch, wie unterschiedlich die Jugendlichen denken. Schlussfolgerungen: Da die Konzepte der Jugendlichen zu Sucht wenige Gemeinsamkeiten mit dem ICD-10 Konzept von Abhängigkeit aufweisen, sollten weitere Studien jugendgerechte Suchtkriterien empirisch überprüfen. Die subjektiven Suchtmerkmale dieser Arbeit bieten hierfür Anknüpfungspunkte. Jugendliche sollen besser über Substanzkonsum aufgeklärt werden, da ihnen ein Risikobewusstsein für ihre noch nicht abgeschlossene Gehirnentwicklung fehlt. Die Teilnehmer gaben oft an mit dem Substanzkonsum begonnen zu haben, um Glücksgefühle zu erfahren oder neugierig auf die Wirkung gewesen zu sein. Dies zeigt uns den Stellenwert positiver, neuer Erfahrungen und sollte auch im Kontext von Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz gesehen werden.
Subject
Psychiatry and Mental health,Public Health, Environmental and Occupational Health,Medicine (miscellaneous)