Affiliation:
1. Universität Zürich, Forschungsbereich Klinische und Soziale Psychiatrie, Fachzentrum für Katastrophen- und Wehrpsychiatrie & Universität Leipzig, Abteilung für Sozialmedizin
2. Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst des Kantons Zürich
3. Universitätsspital Zürich
Abstract
Hintergrund: Die psychiatrische Stigmaforschung hat sich bislang auf spezifische Patientengruppen konzentriert, während andere weitgehend ausgeblendet blieben. Diese Arbeit untersucht die persönlichen Stigma-Coping-Strategien von Menschen mit Schizophrenie (n = 31) und Borderline-Persönlichkeitsstörung (n = 50) im Hinblick auf ihre störungsspezifischen Stigma-Erfahrungen. Methode: Im Rahmen einer Mixed-Method-Studie wurden psychisch erkrankte Menschen (n = 100) verschiedener Diagnosegruppen befragt. Stigma-Erfahrungen und Coping-Strategien wurden mittels der deutschen Version des Inventory of Stigmatising Experiences (ISE; Schulze et al., 2009 ; Stuart et al., 2005 ) im Rahmen persönlicher Interviews erhoben. Ergebnisse: Menschen mit Borderline-Syndrom sehen sich häufiger (67 %) mit Stigma konfrontiert als schizophren erkrankte Menschen (54 %). Borderline-Patienten erlebten Stigma häufig im Zusammenhang mit sichtbaren Zeichen ihrer Erkrankungen und litten darunter, über ihre Krankheit definiert zu werden. Für Schizophren Erkrankte hingegen bestand der schlimmste Aspekt ihrer Stigmaerfahrung darin, dass ihre Symptome bzw. ihr Leid von anderen oft nicht ernst genommen werden. Im Umgang mit Stigma nutzen beide Gruppen Geheimhaltung, selektive Vermeidung und Aufklärung. Zusätzlich zu diesen von der Stigma-Forschung vornehmlich untersuchten Strategien setzen die Befragten situationsabhängig ein breites Repertoire an persönlichen Coping-Strategien ein, was dem Bild vom passiven «Stigma-Empfänger» klar widerspricht. Diskussion: Die Ergebnisse verweisen auf die Rolle sichtbarer Krankheitsanzeichen für das Risiko, stigmatisierenden Umweltreaktionen ausgesetzt zu sein. Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung scheinen, im Sinne Goffmans, zu den «Diskreditierten» zu gehören, da ihnen wichtige Coping-Strategien wie Geheimhaltung oder selektive Vermeidung nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Effektive Programme zum Stigma-Management müssen auf die bestehenden Coping-Ressourcen der Patienten aufbauen sowie die positiven wie negativen Konsequenzen eines offenen Umgangs mit der eigenen Diagnose realistisch diskutieren.
Subject
Psychiatry and Mental health,Clinical Psychology
Cited by
7 articles.
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