Affiliation:
1. Universität Münster, Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, Münster
2. Universität Münster, Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie, Abt. Pharmakologie, Münster
Abstract
ZusammenfassungLindenblüten (Tiliae flos) werden aus den getrockneten Blütenständen von Tilia cordata (Winterlinde), T. platyphyllos (Sommerlinde) und deren Hybride T.×vulgaris (Holländische Linde) gewonnen. Traditionell werden Extrakte aus Lindenblüten gegen Symptome von Erkältungskrankheiten sowie bei mentalem Stress eingesetzt. Die Droge ist durch einen hohen Gerbstoffanteil, größere Mengen an Schleimstoffen sowie durch ein komplexes Flavonoidmuster gekennzeichnet. Im Rahmen weiterführender phytochemischer Untersuchungen wurden erstmalig bisher noch nicht beschriebene Alkaloide aus Lindenblüten isoliert und strukturell charakterisiert. Bei diesen bisher noch unbekannten Naturstoffen handelt es sich um zwei diastereomere Dihydropyrrolalkaloide (Tiliin A/B), zwei Piperidin-alkaloide (Tiliamin A/B) sowie zwei acetylierte Piperidinalkaloide (Tilacetin A/B). Die Alkaloide werden bevorzugt mit hydroalkoholischen Solventien extrahiert (Alkaloidgehalt ca. 2 mg/g Trockenextrakt), noch besser mit Aceton-Wasser-Gemisch (ca. 5 mg/g), finden sich aber auch in klassischen Teezubereitungen (Infus, 1,3 mg/g), was bei Zugrundelegung der empfohlenen Tagesdosis von Lindenblüten (3–6 g Droge) zu einer Alkaloidaufnahme von 1–2 mg pro Tag führt.Pharmakologische Untersuchungen an aus C57BL/6N-Mäusen präparierten Tracheen im Organbad zeigten, dass eine Alkaloid-angereicherte Fraktion die durch Acetylcholin ausgelöste Muskelkontraktionen steigerte (ca.+30%). Eine weiteraufgereinigte Alkaloid-Fraktion (0,1 mg/ml) zeigte vergleichbare Effekte, die sich mittels Atropin (1 µM) aufheben ließen und denen von Galantamin (0,5 µM) glichen. Diese Beobachtungen führten zur Schlussfolgerung, dass die Lindenalkaloide cholinerge Effekte über muskarinerge M3-Rezeptoren vermitteln. Im zellfreien Enzymassay konnten die Lindenalkaloide als Acetylcholinesterase-Inhibitoren charakterisiert werden. Die in der Originalpublikation beschriebenen Interaktionen der Lindenalkaloiden mit dem cholinergen System könnten neue Ansatzpunkte in der rationalen Phytotherapie darstellen.
Subject
Complementary and alternative medicine,Pharmacology