Affiliation:
1. Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie,
Technische Universität Dresden
2. Deparment für Psychologie, Sigmund Freud
PrivatUniversität – Berlin
3. Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften, Medizinische
Fakultät Carl Gustav Carus, Dresden
4. Institute of Mental Health Policy Research, Centre for Addiction and
Mental Health, Toronto, Canada
Abstract
Zusammenfassung
Ziel der Studie Diskriminierung kann sich negativ auf die psychische
Gesundheit auswirken und spielt somit auch im Kontext der Psychotherapie eine
entscheidende Rolle. Die vorliegende Studie skizziert die Potenziale sowie die
Relevanz eines (intersektionalen) Privilegienbewusstseins von
Psychotherapeut*innen für eine diskriminierungssensible
Psychotherapie. Ziel war, erstmalig das Privilegienbewusstsein von
Psychotherapeut*innen in Deutschland sowie dessen Thematisierung in der
Ausbildung von Psychotherapeut*innen zu erfassen. Zudem wurde der
Zusammenhang von der Zugehörigkeit zu einer marginalisierten Gruppe und
dem Privilegienbewusstsein auf Seiten der Psychotherapeut*innen
untersucht.
Methode In einer deutschlandweiten Online-Befragung (2022) nahmen 270
Psychotherapeut*innen (in Ausbildung) teil. Das Privilegienbewusstsein
wurde mit einer gekürzten, ins Deutsche übersetzten Version der
Awareness of Privilege and Oppression Scale-2 bezüglich der
Diskriminierungsachsen Heterosexismus, Klassismus und Rassismus erhoben. Drei
selbstkonstruierte Items haben ergänzend die Thematisierung von
Diskriminierung und Privilegierung in der Psychotherapieausbildung erhoben. Der
Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer marginalisierten Gruppe
und dem Privilegienbewusstsein wurde mittels linearer Regressionsanalyse
adjustiert für Alter untersucht.
Ergebnisse Knapp 65% der Teilnehmenden fühlten sich nicht
oder eher nicht auf den Umgang mit Diskriminierungserfahrungen von
Patient*innen vorbereitet, wobei ca. 40% angaben, dass
Diskriminierung in der Ausbildung nicht thematisiert wurde. Deutlich seltener
wurde Privilegierung thematisiert. Die Zugehörigkeit zu einer
marginalisierten Gruppe ging mit einem statistisch signifikant höheren
Privilegienbewusstsein einher (B=0,47, 95%-Konfidenzintervall:
0,27–0,67, F(2, 267)=15,41, p<0,001).
Schlussfolgerung Der Einfluss von Diskriminierung und Privilegierung auf
die psychische Gesundheit und therapeutische Beziehung werden derzeit nicht
ausreichend in der Psychotherapieausbildung berücksichtigt. Die Aufnahme
dieser Themen in das Curriculum der Ausbildung hat das Potenzial, die
Qualität der Psychotherapie erheblich zu verbessern.
Reference27 articles.
1. Racism and Psychological and Emotional Injury: Recognizing and Assessing
Race-Based Traumatic Stress;R T Carter;Couns Psychol,2007
2. Racism, racial discrimination, and trauma: a systematic review of the social
science literature;K Kirkinis;Ethn Health,2021
3. Prejudice, Social Stress, and Mental Health in Lesbian, Gay, and Bisexual
Populations: Conceptual Issues and Research Evidence;I H Meyer;Psychol Bull,2003
4. Perceived Discrimination and Health: A Meta-Analytic Review;E A Pascoe;Psychol Bull,2009
5. Reflections and Future Directions for Privilege Studies;P McIntosh;J Soc Issues,2012