Affiliation:
1. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie mit Schwerpunkt Psychotherapieforschung, Universität Zürich, Schweiz
Abstract
Zusammenfassung
Einleitung Ratgeberbücher für Menschen mit Depressionen und deren Angehörige sind weitverbreitete und niedrigschwellige Informationsquellen, die im Sinne des Empowerments dazu beitragen können, dass Depressionen früher erkannt und fachgerecht behandelt werden. Eine Überprüfung ihrer Qualität, insbesondere ihrer Evidenzbasierung, steht noch aus. Vor diesem Hintergrund wurden die Inhalte von Depressionsratgebern untersucht, indem sie systematisch mit Inhalten und Empfehlungen der S3-/NV-Leitlinie für Unipolare Depression verglichen wurden.
Methoden Basierend auf einer systematischen Recherche in Datenbanken des Buchhandels wurden die 30 am meisten verbreiteten deutschsprachigen Ratgeber analysiert. Hierfür wurde ein Ratinginstrument (RLP-D) mit 54 Diagnostik- und Behandlungsitems aus der aktuellen S3/NV Leitlinie abgeleitet. Mittels RLP-D führte eine Raterin bei den Ratgebern sowohl Ausführlichkeits- als auch Korrektheitsratings durch.
Ergebnisse Zwischen 7,4 und 81,5% der Items, d. h. der Leitlinieninhalte, fehlen in den analysierten Ratgebern (Mdn=25,9%, IQR=22,7%). Im Mittel wird ca. ein Drittel der Items ausführlich und ohne Widersprüche zur Leitlinie beschrieben (Mdn=36,1%, IQR=17,1%, Range: 1,9–64,8%). Bei im Mittel ca. einem Fünftel (Mdn=20,4%; IQR=19,0%, Range: 2,9–47,6%) der beschriebenen Items zeigen sich klinisch relevante Abweichungen von der Leitlinie. Informationen zur Psychotherapie und Pharmakotherapie als Behandlungsmöglichkeit sind die am häufigsten ausführlich und korrekt abgedeckten Inhalte, sie werden jeweils in mehr als 83% der Ratgeber ausführlich und korrekt angegeben.
Diskussion Es zeigt sich eine beträchtliche Variabilität sowohl in der Ausführlichkeit als auch der Korrektheit diagnostischer und therapeutischer Inhalte zwischen den Ratgebern; dies gilt auch und insbesondere für die besonders kritisch anzusehenden fehlerhaften Inhalte von Ratgebern. Die weiterführende Überprüfung des Ratinginstrumentes RLP-D stellt einen wichtigen nächsten Arbeitsschritt dar. Eine Anwendung und Reduktion auf die Core-Inhalte der Leitlinie könnte das aktuell recht aufwändige Ratingverfahren der Qualitätsbewertung vereinfachen.
Schlussfolgerung Obwohl einige Basisinformationen in fast allen Ratgebern gegeben werden, können Depressionsratgeber aufgrund der grossen Qualitätsunterschiede nicht per se empfohlen werden. Systematische Qualitätsbewertungen sollten etabliert werden, um eine fundierte Auswahl von Ratgebern zu ermöglichen, eine Basis sowie einen Anreiz für deren Weiterentwicklung zu geben und hierüber die Information und Aufklärung von Patienten zu verbessern.
Subject
Psychiatry and Mental health,Applied Psychology,Clinical Psychology