Affiliation:
1. Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie,
Universität Leipzig
Abstract
Zusammenfassung
Ziel der Studie Ziel der Studie war das Inanspruchnahmeverhalten von
Versorgungsangeboten im Bereich psychischer Gesundheit in Leipzig durch
Iraker*innen und Afghan*innen bei Vorliegen psychischer Belastungen zu
untersuchen und vor allem Zugangshürden in der Versorgung zu identifizieren.
Methodik Alle volljährigen, in Leipzig lebenden Personen mit irakischer
oder afghanischer Staatsangehörigkeit, die nicht in Deutschland geboren waren,
wurden kontaktiert. Es wurden verschiedene Instrumente (PHQ-9, GAD-7, SSS-8,
PCL-5/LEC-5) zur objektiven Erfassung psychischer Belastungen und ein Item zur
Erfassung subjektiver psychischer Belastung genutzt. Lag ein Behandlungsbedarf
vor, wurde die Inanspruchnahme von psychosozialen Versorgungsangeboten erfragt.
Wenn trotz des nachgewiesenen Bedarfs Hilfsangebote nicht in Anspruch genommen
worden waren, wurden mögliche Hürden erfragt.
Ergebnisse 51.4% der befragten Personen zeigten subjektiven und objektiven
Behandlungsbedarf, 38.2% dieser Personen mit Behandlungsbedarf nahmen keine
Hilfe in Anspruch. Häufige Gründe dafür waren, das Problem allein lösen zu
wollen oder das Problem nicht als sehr störend zu empfinden. Außerdem wurden
mangelndes Vertrauen in das Gesundheitssystem, sowie Angst vor Diskriminierung
und Stigmatisierung als Hürden benannt.
Diskussion Die Studie zeigt einen hohen Behandlungsbedarf in den
untersuchten Gruppen. Dies könnte auf die hohe Anzahl an traumatischen
Ereignissen, sowie Postmigrationsstressoren zurückzuführen sein. Mehr als die
Hälfte der Personen haben Hilfsangebote in Anspruch genommen. Eine längere
Aufenthaltsdauer in Deutschland und der durch die Krankenversicherungskarte
vereinfachte Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem könnten die
Inanspruchnahme gefördert haben. Hürden wie mangelndes Wissen und Vertrauen in
Bezug auf das deutsche Gesundheitssystem oder Angst vor Stigmatisierung und
Diskriminierung erschweren den Zugang zu Versorgung.
Schlussfolgerung Es sollten mehr Informationen über Versorgungsstrukturen
verbreitet, sowie mehr niedrigschwellige Angebote implementiert werden. Diese
sollten interdisziplinär organisiert sein und den Fokus auf eine kultur- und
rassismussensible Betreuung legen. Sie dürfen vor allem im Hinblick auf den
hohen Bedarf an psychosozialer Hilfe keinesfalls weiter beschränkt werden.
Reference26 articles.
1. Mental Health Triggers and Protective Factors Among Arabic-Speaking Immigrants
and Refugees in North America: A Scoping Review;S Elshahat;J Immigrant Minority Health,2022
2. War exposure, daily stressors, and mental health in conflict and post-conflict
settings: Bridging the divide between trauma-focused and psychosocial
frameworks;K E Miller;Social Science & Medicine,2010
3. Factors predicting symptoms of somatization, depression, anxiety, post-traumatic
stress disorder, self-rated mental and physical health among recently arrived
refugees in Germany;Y Nesterko;Confl Health,2020
4. Health monitoring among asylum seekers and refugees: a state-wide,
cross-sectional, population-based study in Germany;L Biddle;Emerg Themes Epidemiol,2019
5. Prevalence of mental ill health, traumas and postmigration stress among refugees
from Syria resettled in Sweden after 2011: a population-based survey;P Tinghög;BMJ Open,2017