Affiliation:
1. Klinische Kinder- und Jugendpsychologie und -psychotherapie, Freie
Universität Berlin Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie,
Berlin
2. Klinisch-Psychologische Intervention, Freie Universität Berlin
Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie, Berlin
Abstract
Zusammenfassung
Ziel der Studie Dolmetschende spielen eine entscheidende Rolle bei der
Versorgung von Geflüchteten. Allerdings wird der psychischen Gesundheit von
Dolmetschenden bisher nur wenig Beachtung gegeben. Trotz eines erhöhten
Belastungslevels von sekundärem traumatischem Stress (STS) und gesteigerten
Prävalenzen Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) bei Dolmetschenden im
Geflüchtetenkontext, gibt es bisher nur wenig Forschung zu Risikofaktoren für
STS und PTBS in dieser Population. Das Ziel dieser Studie war es, potenzielle
Risikofaktoren für jeweils STS- und PTBS-Symptomschwere bei Dolmetschenden in
der Geflüchtetenversorgung zu untersuchen.
Methodik Eine deutschlandweite Online-Befragung wurde 2019 unter
Dolmetschenden für Geflüchtete durchgeführt, in der 83 Personen eingeschlossen
wurden, die angaben, mindestens ein traumatisches Erlebnis erfahren zu haben.
Die Untersuchung der potenziellen Risikofaktoren (primäre traumatische
Ereignisse, traumabezogne Inhalte, eigener Fluchthintergrund) und die
Interaktion von primären traumatischen Ereignissen und traumabezogenen Inhalten
erfolgte mittels moderierter multipler Regression.
Ergebnisse Es wurde jeweils ausschließlich für STS- (p=0,003) und
PTBS-Symptomschwere (p=0,042) ein positiver Zusammenhang mit der Anzahl primär
erlebter traumatischen Ereignisse festgestellt.
Diskussion/Schlussfolgerung In der vorliegenden Studie wurde die Anzahl
der erlebten primären traumatischen Ereignisse als potenzieller Risikofaktor für
STS und PTBS identifiziert. Die Institutionalisierung präventiver Maßnahmen wie
Supervisionen, Nachgespräche und dolmetscher-spezifische Fortbildungen könnte
einen wichtigen Beitrag zum Schutz der psychischen Gesundheit von Dolmetschenden
leisten. Weitere Studien sind erforderlich, um ein besseres Verständnis von
Risikofaktoren für STS und PTBS bei Dolmetschenden zu erlangen.