Affiliation:
1. A.P.B. Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse und Psychotherapie Berlin
e.V.
Abstract
Zusammenfassung
Zielsetzung: Die extrabudgetären Ausgaben der Krankenkassen für
Psychotherapie im Kostenerstattungsverfahren steigen stetig an, immer neue
Kostenerstattungspraxen tauchen in der Versorgungslandschaft wegen fehlender
alternativer Betätigungsfelder für frisch approbierte Psychotherapeuten auf. Es
stellt sich daher die Frage, nach welchen Gesetzmäßigkeiten dieser neue Markt
funktioniert, und ob mit dem steigenden Angebot tatsächlich nur eine
Versorgungslücke geschlossen oder auch die Nachfrage nach Psychotherapie
verstärkt wird.
Methodik: Der Beitrag basiert auf einer selektiven Literaturrecherche in
medline/Pubmed unter Einbeziehung von Expertenmeinungen, Erfahrungen aus der
Tätigkeit in einer Vertragspsychotherapiepraxis, kollegialem Austausch mit
Kostenerstattungstherapeuten sowie Erfahrungsberichten von Patienten.
Ergebnisse: Die Zunahme von in der Kostenerstattung ar beitenden
Psychotherapeuten führt bei gleichbleibender Realprävalenz an
behandlungsbedürftigen psychischen Störungen zu einer angebotsinduzierten
Nachfrageerweiterung. Folglich werden auch leichte Störungsbilder zunehmend als
behandlungsbedürftig eingestuft, da der Therapeut in einen Interessenkonflikt
zwischen therapeutischen und ökonomischen Erwägungen gerät.
Gesundheitsökonomisch resultiert daraus eine Steigerung der Ausgaben für
ambulante Psychotherapie. Damit einhergehend nehmen eigentlich vermeidbare
unerwünschte Effekte von Psychotherapie zu, problematisch ist ebenfalls die
fehlende Qualitätssicherung der durchgeführten Psychotherapien.
Schlussfolgerung: Die Möglichkeiten der Vermittlung von
Psychotherapieplätzen durch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen
Vereinigung (KV) sollten konsequent genutzt werden, um einer Fehlversorgung in
der ambulanten Psychotherapie entgegenzuwirken. Der Nachweis eines
Systemversagens über eine Absageliste muss als obsolet betrachtet werden. Die
Indikation für die dringliche Notwendigkeit einer Psychotherapie sollte in der
von der KV angebotenen psychotherapeutischen Sprechstunde gestellt werden.