Affiliation:
1. Universitätsklinik für Neurochirurgie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
2. Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
Abstract
ZusammenfassungDie lumbale Spinalkanalstenose (LSS) ist eine häufige Wirbelsäulenerkrankung des älteren
Patienten mit steigender sozioökonomischer Bedeutung. Derzeit gelten die uni- oder bilaterale
Dekompression und die unilaterale Dekompression mit Unterschneidung (auch „undercutting“ oder
„over the top“ Dekompression) von der ipsilateralen Zugangsseite zur kontralateralen Seite in
Europa als Goldstandard zur Behandlung der lumbalen Spinalkanalstenose. Eine ausgedehnte
Dekompression nervaler Strukturen birgt jedoch einige bekannte Nachteile, wie z.B. das Risiko
einer sekundären lumbalen Instabilität. In den hier präsentierten Untersuchungen war es das
Ziel, die Zunahme des segmentalen Bewegungsumfangs in Abhängigkeit vom Ausmaß einer
Dekompression zu untersuchen. An 10 humanen „fresh-frozen“ Lendenwirbelsäulen wurden 4
sequenzielle, und in ihrem Umfang zunehmende Dekompressionen durchgeführt. Nach jeder
erfolgten Dekompression wurden die Präparate in einem Wirbelsäulensimulator in
Flexion-Extension, lateraler Beugung und axialer Rotation untersucht. Zusammengefasst konnte
gezeigt werden, dass die unilaterale Dekompression, als auch die unilaterale Dekompression mit
kontralateraler Unterschneidung zu keiner wesentlichen Zunahme des Bewegungsumfangs führte,
wohingegen die Laminektomie einen deutlichen Anstieg des Bewegungsumfanges, insbesondere bei
axialer Rotation, aufwies. Dies wiederum stellt ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer
sekundären lumbalen Instabilität dar. Das aktuelle Fehlen klarer evidenzbasierter Leitlinien
für die optimale chirurgische Therapie der lumbalen Spinalkanalstenose, ob mit oder ohne
lumbaler Fusion, kann zur Über- oder Unterbehandlung bestimmter Patient:innen führen. Ob die
statistisch signifikante Zunahme des Bewegungsumfangs auch einen Einfluss auf das klinische
Ergebnis hat, und wie gefährdete Patient:innen identifiziert werden können sollte in weiteren
Studien untersucht werden.