Affiliation:
1. Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie,
Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Germany
Abstract
ZusammenfassungFür die Behandlung offener Frakturen besteht eine Notfallindikation.
Frakturstabilisierung und Versorgung des Weichgewebes bilden gleichermaßen die
Voraussetzung für einen komplikationslosen Behandlungsverlauf und ein gutes
funktionelles Ergebnis. In der Regel erfolgt die operative Versorgung innerhalb
der ersten sechs Stunden nach dem Trauma. Eine starke Verschmutzung der Wunde
und eine kritische Perfusion limitieren die Möglichkeiten übungsstabiler
Osteosynthesen in der Notfallsituation. Darüber hinaus kann unter begrenzten
Ressourcen auch das Zeitfenster von sechs Stunden zur Herausforderung werden.
Daher stellt sich die Frage, ob unter gewissen Kautelen vom klassischen
Procedere dahingehend abgewichen werden kann, dass primär notfallmäßig nur eine
chirurgische Wundversorgung vorgenommen wird und die definitive
Frakturversorgung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Zwischen 2019 und 2021
wurden 301 Patienten mit offenen Frakturen des Handskeletts behandelt
(Altersmedian 44 Jahre, 85% m, 15% w). Bei 215 Patienten erfolgte die definitive
Versorgung notfallmäßig primär (Kollektiv A), bei 86 Patienten im Intervall nach
durchschnittlich 3 Tagen (Kollektiv B), nachdem am Unfalltag eine chirurgische
Wundversorgung, Schienenanlage und antibiotische Abdeckung vorgenommen worden
war. In einer retrospektiven Studie wurden folgende Kriterien analysiert:
Komorbiditäten, Verletzungsmuster, Lokalisation der Verletzung, Zeitpunkt der
Versorgung, Anzahl der Folgeeingriffe, Infektionsrate, Dauer der stationären
Behandlung. Bei sechs Patienten (1,9%) war der Verlauf durch eine Infektion
verkompliziert. Fünf Patienten gehörten dem Kollektiv A an (Infektrate 2,3%) und
nur ein Patient dem Kollektiv B (Infektrate 1,1%). Alle sechs Infektionen traten
nach Quetschverletzungen auf, alle am Endglied bzw. Endgelenk. Diese Zahlen
unterstreichen die Bedeutung des Weichgewebstraumas und einer primären
Stumpfbildung. Komorbiditäten waren in unserer Studie hinsichtlich eines
Infektgeschehens statistisch nicht von Bedeutung. Zusammenfassend kann
festgestellt werden, dass unter Antibiotikaschutz die definitive Versorgung
einer offenen Fraktur im Intervall möglich ist, wenn notfallmäßig primär eine
chirurgische Wundversorgung mit nachfolgender Ruhigstellung erfolgt.
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