Drogennotfallschulung Opioidabhängiger in Haft und Versorgung mit Take-Home Naloxon bei Haftentlassung: Machbarkeitsstudie aus dem bayerischen Modellprojekt

Author:

Wodarz-von Essen Heike Jutta1,Wolstein Jörg2,Pogarell Oliver3,Wodarz Norbert1

Affiliation:

1. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum, Regensburg, Germany

2. Institut für Psychologie, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg, Germany

3. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München Medizinische Fakultät, München, Germany

Abstract

Zusammenfassung Einleitung 22–30% der Inhaftierten in Deutschland sollen intravenöse Drogenkonsumenten sein. In den ersten Wochen nach Haftentlassung steigt das Sterberisiko um das 12-fache, meist infolge einer Opioidüberdosis. Als möglicher Baustein zur Mortalitätsreduktion soll die Machbarkeit einer Drogennotfallschulung, inkl. Take-Home Naloxon bei inhaftierten Opioidabhängigen überprüft werden. MethodikEine Teilstichprobe im Rahmen des Bayerischen Take-Home Naloxon Modellprojektes umfasste inhaftierte Opioidabhängige in 5 bayerischen Justizvollzugsanstalten. Es erfolgte eine manualisierte Drogennotfallschulung, inkl. Take-Home Naloxon. Sämtliche Erhebungen erfolgten mit standardisierten Fragebögen oder teilstrukturierten Interviews. Ergebnisse Durchschnittlich nahmen 3,9 (1–10) inhaftierte Opioidabhängige pro Schulung teil. Zum Zeitpunkt der Schulung waren die Opioidabhängigen seit 42 (1–228) Wochen in Haft und erwarteten ihre Haftentlassung in ca. 10 (1–64) Wochen. Es konnten 62 Opioidabhängige in Haft eingeschlossen werden (Alter: 36 (22–53) Jahre; 53,2% Frauen; Alter bei Opioid-Erstkonsum: 19,2 (10–31) Jahre). 68% waren bereits selbst von einem Drogennotfall betroffen. 84% erlebten bereits mindestens einen Drogennotfall bei einem anderen Konsumierenden, davon 36% sogar mehrmals. Knapp ein Drittel gab an, beim letzten erlebten Notfall nicht geholfen zu haben, meist aus Angst, etwas falsch zu machen. Knapp 50% riefen zumindest den Rettungsdienst. Immerhin 25% versuchten, zu helfen, allerdings mit wenig geeigneten Maßnahmen. 75% gaben an, häufig in Gegenwart anderer Personen zu konsumieren, meist mit Partner und/oder Freunden/Bekannten. Die inhaftierten Opioidabhängigen konnten gut zur Teilnahme motiviert werden und zeigten einen signifikanten Zuwachs an Wissen und Skills zum lebensrettenden Umgang mit einer Opioidüberdosierung. Schlussfolgerung Die Machbarkeitsstudie zeigt, dass manualisierte Drogenotfallschulungen mit inhaftierten Opioidabhängigen, sowie die Vergabe von Take-Home Naloxon am Haftende umsetzbar sind. Ein Best-Practice Modell wurde etabliert, z. B. Reduktion anfänglicher Vorbehalte, praktische Organisation, Naloxon-Verordnung durch AnstaltsärztInnen. Die hohe Rate an bereits erlebten Drogennotfällen und der häufige Konsum im Beisein Anderer (potentielle Ersthelfer) belegt, dass die Zielgruppe erreicht wurde. Für eine messbare Senkung der Mortalität benötigt es jedoch eine breite Ausrollung.

Publisher

Georg Thieme Verlag KG

Subject

Public Health, Environmental and Occupational Health

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1. Take-home naloxone: a building block of drug emergency prophylaxis in Germany;Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz;2023-05-26

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