Zuhause-Pflegen und trotzdem gesund bleiben? Risiko- und Schutzfaktoren für dysfunktionales Coping bei pflegenden Angehörigen

Author:

Donath Carolin1ORCID,Pendergrass Anna1,Gräßel Elmar1

Affiliation:

1. Bereich Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universitätsklinikum, Erlangen

Abstract

Zusammenfassung Ziel der Studie In Deutschland werden 3,3 Mio. Pflegebedürftige zu Hause versorgt. Mehr als die Hälfte (54%) der pflegenden Angehörigen schätzt die eigene Belastung dadurch als hoch oder sehr hoch ein [1]. Für die Stressbewältigung werden Copingstrategien, u. a. auch dysfunktionale, genutzt. Diese bergen die Gefahr negativer gesundheitlicher Folgen. Ziel der Studie ist die Erfassung der Häufigkeit dysfunktionaler Copingstrategien bei pflegenden Angehörigen (pA) und die Identifikation von Schutz- und Risikofaktoren für diese ungünstigen Bewältigungsmechanismen. Methodik Eine Querschnittstudie mit N=961 befragten pA in Bayern wurde 2020 durchgeführt. Neben dysfunktionalen Copingstrategien wie Substanzgebrauch und Aufgeben/Vermeidung wurden bei pA die subjektive Belastung, positive Aspekte der Pflege, Pflegemotive, Charakteristika der Pflegesituation sowie die kognitive Bewertung der Pflegesituation und die Einschätzung vorhandener Ressourcen (angelehnt an das Transaktionale Stressmodell) erfasst. Neben deskriptiver Statistik zur Erfassung der Häufigkeit dysfunktionalen Bewältigungsverhaltens wurde nach statistischer Voraussetzungsprüfung mittels linearer Regression untersucht, welche Prädiktoren sich für dysfunktionales Coping identifizieren lassen. Ergebnisse 14,7% der Befragten geben an, zumindest teilweise in schwierigen Situation Alkohol oder andere Substanzen zu konsumieren, 47,4% der Befragten haben es in schwierigen Situationen aufgegeben, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Als Risikofaktoren für dysfunktionales Coping wurden die subjektive Belastung (p<0,001), das Motiv „aus Verpflichtung zu pflegen“ (p=0,035) und die als unzureichend eingeschätzten eigenen Ressourcen zur Handhabbarkeit der Pflegesituation (p=0,029) in einem signifikanten Gesamtmodell mit mittlerer Anpassungsgüte (F (10)=16,776; p<0,001) identifiziert. Diskussion und Schlussfolgerung Dysfunktionales Coping in Bezug auf die Thematik der Pflegesituation ist nicht selten. Der vielversprechendste Ansatzpunkt für Interventionen ist die subjektive Belastung. Diese kann nachweislich durch die Inanspruchnahme formeller und informeller Hilfe gesenkt werden [2, 3]. Dazu muss aber das Problem der bisher niedrigen Nutzungsrate von Beratungs- und anderen Unterstützungsangeboten [4] überwunden werden. Neuere digitale Ansätze dazu sind in der Entwicklung [5, 6].

Publisher

Georg Thieme Verlag KG

Subject

Psychiatry and Mental health,Applied Psychology,Clinical Psychology

Reference26 articles.

1. Caregiver burden: a clinical review;R D Adelman;JAMA,2014

2. Remotely delivered information, training and support for informal caregivers of people with dementia;E González-Fraile;Cochrane Database Syst Rev,2021

3. Entwicklungstrends und Perspektiven in der häuslichen Pflege;U Schneekloth;Z Gerontol Geriatr,2006

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