Affiliation:
1. Zentrum für Bevölkerungsmedizin und
Versorgungsforschung, Universität zu Lübeck, Lübeck,
Deutschland
2. Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie,
Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
Abstract
Zusammenfassung
Hintergrund Regionale Deprivation ist als ökologischer Parameter
eine Komponente der sozialen Determinanten von Gesundheit. Zu ihrer Messung
stehen in Deutschland der „German Index of Multiple Deprivation“
(GIMD) und der „German Index of Socioeconomic Deprivation“
(GISD) zur Verfügung. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
(CED) sind keine häufigen, aber ernste körperliche Erkrankungen
unklarer Ätiologie, mit vergleichsweise frühem Auftreten im
Erwachsenenalter, oft chronisch-behandlungsbedürftigem Verlauf und
unsicherer Prognose. Daten einer kontrollierten Versorgungsstudie erlauben es,
Assoziationen zwischen regio-naler Deprivation und Merkmalen der Krankheit und
ihrer Versorgung zu untersuchen. Wir erwarteten ungünstigere
Krankheitsverhältnisse bei höherer Deprivation.
Methodik Vorgestellt werden deskriptive Zusatzauswertungen (n=530)
der 2016 bis 2019 durchgeführten MERCED-Studie zu Wirksamkeit und Nutzen
einer stationären medizinischen Rehabilitation bei Sozialversicherten
mit einer CED. Analysiert wurden Daten aus der Basisbefragung zu
selbstberichteten Krankheitsmerkmalen, Krankheitsfolgen und
Versorgungsleistungen in ihrem Zusammenhang mit dem Ausmaß regionaler
Deprivation der Wohnregion (Kreisebene).
Ergebnisse Die Zuordnung der Wohnregion der Kranken zu den Quintilen von
GIMD und GISD korrelieren unter rho=0,76 miteinander (gewichtetes
kappa=0,74). Regionale Deprivation zeigt, gemessen mit dem GIMD,
überzufällige Unterschiede allein in den sozialen
Teilhabeeinschränkungen (IMET) und der Zahl der
„Einschränkungstage“. Dabei schildern sich Personen aus
dem niedrigsten Deprivationsquintil als am stärksten
eingeschränkt. Für die Einschränkungstage findet sich
ein irre-guläres Muster. Beim GISD wird eine unsystematische Variation
der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (EQ-VAS) statistisch
auffällig. Auch hier berichten Personen mit der geringsten regionalen
Deprivation von einer besonders schlechten Lebensqualität. In einem
Extremgruppenvergleich weisen Personen, die in nach GIMD und GISD stark
deprivierten Regionen leben, günstigere Werte im Krankheitsverlauf beim
IMET und EQ-VAS auf. Auch für Parameter der medizinischen Versorgung
lassen sich keine systematischen Zusammenhänge mit den
Deprivationsindizes darstellen.
Schlussfolgerung Krankheitsmerkmale, Krankheitsfolgen und die medizinische
Versorgung von CED-Kranken zeigen sich weitgehend unabhängig vom
Ausmaß der mit zwei Indizes bestimmten regionalen Deprivation. Die
wenigen auffälligen Unterschiede weisen in eine überraschende
Richtung: Personen aus deprivierten Regionen berichten günstigere
Krankheitsverhältnisse.
Subject
Public Health, Environmental and Occupational Health