Affiliation:
1. Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg
2. Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Universitätsklinikum Regensburg
Abstract
ZusammenfassungDie therapeutische Anwendung von Granulozytenkonzentraten erfolgt im klinischen Alltag im Gegensatz zu der anderer Blutprodukte nur selten und unregelmäßig. Der zurückhaltende Einsatz beruht unter anderem auf dem Fehlen einer breiten Evidenz, logistischen und wirtschaftlichen Problemen und dem Vorhandensein anderer potenter Therapieoptionen neutropener Infektionen. Dennoch gab es in den letzten Jahren neue wissenschaftliche Erkenntnisse nicht nur zu Physiologie und Pathophysiologie der Granulozyten, wie neu charakterisierten zellulären Verteidigungsstrategien oder deren Mitwirkung bei thrombotischen oder malignen Ereignissen, sondern auch zu deren therapeutischem Effekt. Dieser wird von einer Vielzahl an Parametern, wie der Art der Infektion, dem Transfusionszeitpunkt und der Dosis, beeinflusst. Das macht die Indikationsstellung zu einer komplexen Einzelfallentscheidung und es gilt, die heterogene Datenlage systematisch zusammenzufassen. Außerdem wurden die etablierten
Indikationen neutropener bzw. neutropathischer Infektionen um experimentelle, mögliche neue Anwendungsgebiete wie die Mukositis oder Leukämiebehandlung erweitert. Die erfolgreiche Anwendung setzt eine geeignete, moderne Herstellungsweise voraus. Neben der Apherese, bei der eine relativ hohe Spenderbelastung unter anderem durch Nebenwirkungen von Mobilisationsregime und Sedimentationsbeschleunigern berücksichtigt werden muss, existieren weitere Verfahren wie die Gewinnung von Granulozyten aus Buffy Coats von Vollblutspenden. Diese versprechen eine Reduktion logistischer Probleme und unerwünschter Wirkungen auf den Spender. Unerwünschte Wirkungen bei Empfängern von Granulozytentransfusionen sollten nach wie vor berücksichtigt und gegen einen erhofften therapeutischen Effekt abgewogen werden.