Affiliation:
1. Abteilung für Kinderorthopädie und Kindertraumatologie, Klinik für Kinderchirurgie, Inselspital, Universität Bern, Schweiz
Abstract
Zusammenfassung
Hintergrund Die Arthroskopie des Kniegelenks war über Jahre ein akzeptiertes Standardverfahren in der Therapie der Gonarthrose. Mit Wirkung vom 01.04.2016 wurde die Arthroskopie des Kniegelenks bei Gonarthrose jedoch aus dem Leistungskatalog der GKV gestrichen. Diese Entscheidung des G-BA beruht auf einem Bericht des IQWiG, der im Wesentlichen auf einigen wenigen Studien basiert, von denen 3 im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht worden sind: In diesen Studien sei nachgewiesen worden, dass eine Arthroskopie bei Gonarthrose keinen wissenschaftlich nachweisbaren Nutzen habe. Da sich diese Aussage jedoch nicht mit der klinischen Erfahrung deckt, war es Ziel dieser Analyse, diese besagten Studien nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin zu evaluieren.
Material und Methoden Die 3 höchstrangig publizierten Studien (Moseley et al. 2002, Kirkley et al. 2008 und Katz et al. 2013), auf denen der Bericht des IQWiG im Wesentlichen basiert, wurden gemäß den Kriterien der evidenzbasierten Medizin betrachtet.
Ergebnisse Zwar handelte es sich bei allen evaluierten Studien um randomisierte kontrollierte Therapiestudien, diese wiesen aber trotzdem erhebliche, teils schwere Mängel auf. Diese Mängel umfassen u. a. einen Sampling Bias, der die externe Validität beeinträchtigt und einen Selektionsbias, der die interne Validität beeinträchtigt. Während in einer Studie eine Scheinoperation in der Kontrollgruppe durchgeführt wurde, und somit eine ideale Verblindung der Patienten gegeben war, wies diese Studie eine Hauptzielvariable auf, welche nicht validiert wurde. Die anderen Studien wiesen zwar validierte Hauptzielvariablen auf, allerdings bestand in diesen Studien keine Verblindung. Zudem wurde eine Vielzahl an weiteren Mängeln identifiziert.
Schlussfolgerung Im Rahmen dieser Analyse wurde deutlich, dass die untersuchten Studien wesentliche und teils schwere methodische Mängel aufweisen und allein aufgrund der Patientenselektion nicht auf sämtliche Patienten mit einer Gonarthrose übertragbar sind. Da viele dieser Mängel bislang nicht oder nicht in der tatsächlichen Ausprägung in der Literatur oder im Abschlussbericht des IQWiG erwähnt worden sind, erscheint es fraglich, ob dem G-BA diese Mängel bewusst waren, als er seine Entscheidung getroffen hat, die Arthroskopie bei Gonarthrose nicht mehr zu vergüten. Durch diese Entscheidung wird den Patienten, die auf eine konservative Therapie bei Gonarthrose nicht ansprechen, eine bislang häufig genutzte Therapieoption vorenthalten. Der Anteil dieser Patienten betrug in einer der hier betrachteten Studien 30% nach 6 Monaten und 35% nach 12 Monaten. Es ist daher denkbar, dass – nach Wegfall der Arthroskopie als Therapieoption – die Indikation für den endoprothetischen Gelenkersatz zukünftig großzügiger gestellt werden wird. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass aufgrund der Vielzahl und der Schwere der Mängel der zugrunde liegenden Studien die Entscheidung des G-BA nicht auf wissenschaftlichen Kriterien basiert haben kann. Insofern scheint es angebracht, nach einer Neubewertung der Literatur gemäß den Kriterien der evidenzbasierten Medizin die Diskussion über den Ausschluss der Arthroskopie aus dem Leistungskatalog der GKV wieder aufzuleben zu lassen.
Subject
Orthopedics and Sports Medicine,Surgery
Cited by
3 articles.
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