Affiliation:
1. Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie,
Charité–Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
Abstract
Zusammenfassung
Einleitung Die Pflege eines Angehörigen ist mit psychischen Erkrankungen
und verminderter Lebensqualität der Pflegenden assoziiert. Das Ziel dieser
systematischen Übersichtsarbeit war es, die Ergebnisse methodisch guter
Interventionsstudien zur Wirksamkeit nicht-pharmakologischer Interventionen auf
patientenrelevante Endpunkte bei pflegenden Angehörigen in Deutschland
zusammenzufassen.
Methodik In drei großen wissenschaftlichen Literaturdatenbanken suchten
wir nach Interventionsstudien mit Kontrollgruppe und einem niedrigen oder
moderaten Biasrisiko zur Wirksamkeit von nicht-pharmakologischen Interventionen
für pflegende Angehörige in Deutschland.
Ergebnis Unter 4.376 überprüften Publikationen wurden 10
Interventionsstudien mit guter methodischer Qualität identifiziert. Diese
untersuchten Mehrkomponenteninterventionen bzw. kognitive Verhaltenstherapie für
pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz (8 Studien), Schlaganfall (1
Studie) und mit allgemeiner Pflegebedürftigkeit (1 Studie). Die Kontrollgruppen
erhielten Informationsmaterial als Minimalintervention oder übliche
Standardversorgung. In Metaanalysen zeigte sich 3–6 Monate nach Studienbeginn
eine statistisch signifikante leichte Reduktion depressiver Symptome durch eine
kognitive Verhaltenstherapie (Standardisierte Mittelwertedifferenz - 0,27;
95%-Konfidenzintervall - 0,44 – - 0,10), die jedoch nach 9–12 Monaten keine
statistische Signifikanz mehr erreichte (- 0,21; - 0,51–0,09).
Mehrkomponenteninterventionen zeigten weder nach 3–6 noch nach 9–12 Monaten
Veränderungen depressiver Symptome (- 0,18; - 0,40 – 0,03 bzw. − 0,14;
- 0,47 – 0.14). Dagegen besserte sich die psychische Lebensqualität der
pflegenden Angehörigen in den Mehrkomponenteninterventionsgruppen statistisch
signifikant im Vergleich zu den Kontrollgruppen: nach 3–6 Monaten leicht (0,28;
0,01–0,56) und nach 9–12 Monaten moderat (0,45; 0,09–0,82). Auf die körperliche
Lebensqualität hatten die Interventionen keinen Einfluss.
Schlussfolgerung Die Reduktion depressiver Symptome durch
verhaltenstherapeutische Interventionen für pflegende Angehörige scheint nur
gering und nicht nachhaltig zu sein. Die psychische Lebensqualität der
Betroffenen konnte durch Mehrkomponenteninterventionen längerfristig verbessert
werden. Bisher wissenschaftlich untersuchte Interventionen für pflegende
Angehörige scheinen keine ausreichende und nachhaltige Wirkung zu erzielen.
Größere Effekte könnten möglicherweise durch aufwändigere verhaltenspräventive
Interventionen aber auch verhältnispräventive Maßnahmen erzielt werden.