Wie wirksam sind nicht-pharmakologische Interventionen für pflegende Angehörige? Ein systematisches Review mit Metaanalysen

Author:

Janson PatrickORCID,Hung Chu-Wei,Willeke Kristina,Frisch Dieter,Berghöfer Anne1,Heuschmann Peter,Zapf Andreas,Wildner Manfred,Stupp Carolin,Keil Thomas

Affiliation:

1. Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité–Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany

Abstract

Zusammenfassung Einleitung Die Pflege eines Angehörigen ist mit psychischen Erkrankungen und verminderter Lebensqualität der Pflegenden assoziiert. Das Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, die Ergebnisse methodisch guter Interventionsstudien zur Wirksamkeit nicht-pharmakologischer Interventionen auf patientenrelevante Endpunkte bei pflegenden Angehörigen in Deutschland zusammenzufassen. Methodik In drei großen wissenschaftlichen Literaturdatenbanken suchten wir nach Interventionsstudien mit Kontrollgruppe und einem niedrigen oder moderaten Biasrisiko zur Wirksamkeit von nicht-pharmakologischen Interventionen für pflegende Angehörige in Deutschland. Ergebnis Unter 4.376 überprüften Publikationen wurden 10 Interventionsstudien mit guter methodischer Qualität identifiziert. Diese untersuchten Mehrkomponenteninterventionen bzw. kognitive Verhaltenstherapie für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz (8 Studien), Schlaganfall (1 Studie) und mit allgemeiner Pflegebedürftigkeit (1 Studie). Die Kontrollgruppen erhielten Informationsmaterial als Minimalintervention oder übliche Standardversorgung. In Metaanalysen zeigte sich 3–6 Monate nach Studienbeginn eine statistisch signifikante leichte Reduktion depressiver Symptome durch eine kognitive Verhaltenstherapie (Standardisierte Mittelwertedifferenz - 0,27; 95%-Konfidenzintervall - 0,44 – - 0,10), die jedoch nach 9–12 Monaten keine statistische Signifikanz mehr erreichte (- 0,21; - 0,51–0,09). Mehrkomponenteninterventionen zeigten weder nach 3–6 noch nach 9–12 Monaten Veränderungen depressiver Symptome (- 0,18; - 0,40 – 0,03 bzw. − 0,14; - 0,47 – 0.14). Dagegen besserte sich die psychische Lebensqualität der pflegenden Angehörigen in den Mehrkomponenteninterventionsgruppen statistisch signifikant im Vergleich zu den Kontrollgruppen: nach 3–6 Monaten leicht (0,28; 0,01–0,56) und nach 9–12 Monaten moderat (0,45; 0,09–0,82). Auf die körperliche Lebensqualität hatten die Interventionen keinen Einfluss. Schlussfolgerung Die Reduktion depressiver Symptome durch verhaltenstherapeutische Interventionen für pflegende Angehörige scheint nur gering und nicht nachhaltig zu sein. Die psychische Lebensqualität der Betroffenen konnte durch Mehrkomponenteninterventionen längerfristig verbessert werden. Bisher wissenschaftlich untersuchte Interventionen für pflegende Angehörige scheinen keine ausreichende und nachhaltige Wirkung zu erzielen. Größere Effekte könnten möglicherweise durch aufwändigere verhaltenspräventive Interventionen aber auch verhältnispräventive Maßnahmen erzielt werden.

Publisher

Georg Thieme Verlag KG

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