Was der (Viszeral-)Chirurg als neue Erkenntnisse über die Gallensäuren und deren Zusammenspiel mit dem Darmmikrobiom wissen sollte

Author:

Schönfeld Peter1,Meyer Frank2

Affiliation:

1. Institut für Biochemie und Zellbiologie, Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Magdeburg, Germany

2. Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Magdeburg, Germany

Abstract

ZusammenfassungDer (Viszeral-)Chirurg lernt auch durch Anlehnung an zahlreiche medizinische Nachbarfächer die (patho)biochemischen und (patho)physiologischen Konsequenzen seines erkrankungsrelevanten operativen Wirkens (Veränderung der Anatomie des GI-Trakts und seiner Anhangsorgane, Medikation etc.) kennen und verstehen. Ziel & Methode Mit kompakter narrativer Kurzübersicht soll die Verflechtung von Gallensäuren (GS) im Stoffwechsel, insbesondere im Zusammenhang mit geplantem oder ausgeführtem (viszeral)chirurgischen Vorgehen illustriert werden. Dazu wurden i) einschlägige Referenzen der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur und ii) eigene fachspezifisch gewonnene Erkenntnisse herangezogen. Ergebnisse (Eckpunkte) 1. Chirurgie und Biochemie weisen schon früh in der Geschichte einen gemeinsamen Betrachtungsgegenstand auf, u. a. Lebererkrankungen wie z. B. hinsichtlich der Konsequenzen eines gestörten Pfortaderkreislaufs und der Leberzirrhose. 2. GS sind (i) natürliche Detergenzien, (ii) Bestandteile der Cholesterin-Gallensteine und (iii) essenzielle Signalmoleküle der Darm-Leber-Stoffwechselinteraktion. Cholsäure [CA] und Chenodesoxycholsäure [CDCA] dominieren mit je ~35 % den Gallensäure-Pool. Durch Konjugation der GS mit Taurin und Glycin wird ihre Löslichkeit erhöht. Der enterohepatische Kreislauf minimiert die Ausscheidung der GS. 3. Die Bildung der GS in der Leber aus Cholesterin (Umsatz/pro Tag: 0,2–0,6 g Cholesterol) kontrolliert die Cholesterin-7α-Hydroxylase (CYP7A1). Eine toxische GS-Akkumulation wird durch GS-induzierte Repression der CYP7A1-Expression und Sulfatierung der GS (Erhöhung der Harngängigkeit) verhindert. 4. GS haben regulatorische Aktivitäten im Energie-, Glukose-, Lipid- und Lipoproteinstoffwechsel und innerhalb des angeborenen Immunsystems. Durch die Bindung der GS an den Farnesoid-X-Kernrezeptor [FXR] und den membranalen G-Protein-gekoppelten Gallensäurerezeptor-1 [GPBAR1, TGR5] werden vielfältige Wirkungen im Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel ausgelöst. 5. GS triggern im braunen Fettgewebe und im Skelettmuskel durch Aktivierung des GPBAR1-MAPK-Signalwegs die Expression der Iodothyronin-Dejodinase (DIO2). Dadurch wird vermehrt Thyroxin (T4) in Trijodthyronin (T3) umgewandelt und in der Folge werden die Fettverbrennung und die Thermogenese gesteigert. 6. GS verändern das intestinale Mikrobiom durch bakteriolytische Aktivitäten und andererseits wird das GS-Profil vom Mikrobiom moduliert. Typische mikrobielle Wirkungen auf den GS-Pool sind die (i) Abspaltung der Glycin- und Taurinreste von den konjugierten GS durch „bile salt hydrolases“ und (ii) die chemische Modifizierung freier, primärer GS durch Re-Amidierung, Oxydation-Reduktion, Veresterung und Desulfatierung. 7. GS hemmen das durch Lipopolysaccharide (Membranbestandteil gramnegativer Bakterien) induzierte endotoxine Entzündungsgeschehen. Über die Bindung der GS an Makrophagenrezeptoren (GPBAR1 und FXR) wird (i) die LPS-induzierte proinflammatorische Zytokinbildung vermindert und die Expression des antiinflammatorischen IL-10 befördert. Außerdem werden (ii) das Leukozyten-„Trafficking“ reguliert und (iii) das Inflammasom von Makrophagen und neutrophilen Granulozyten aktiviert. 8. Die mit der Adipositaschirurgie (z. B. beim „Roux-en-Y gastric bypass“ [RYGB]) erzielten gewichtsunabhängigen Veränderungen korrelieren mit einem erhöhten GS-Serumspiegel und einem veränderten intestinalen GS-Profil. Letzteres führt sekundär zum „Umbau“ des Mikrobioms. RYGB hat u. a. positive Wirkungen auf den Stoffwechsel der Kohlenhydrate. So wird die Insulinsensitivität der Leber verbessert und die Sekretion des Glucagon-like peptide 1 gesteigert. Schlussfolgerung GS sind ein Paradebeispiel für metabolische Regulatoren, deren Interaktionen mit vielfältigen (patho)biochemischen und (patho)physiologischen Vorgängen (viszeral)chirurgisch relevante Erkrankungen und (viszeral)chirurgisch-operative Maßnahmen beeinflussen. Ihre biochemisch-physiologischen Aktivitäten und deren Verständnis auf molekularer Ebene sollten zum medizinisch-wissenschaftlichen Rüstzeug des versierten modernen (Viszeral-)Chirurgen gehören.

Publisher

Georg Thieme Verlag KG

Subject

Gastroenterology

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