Affiliation:
1. Cluster „Daten – Methoden – Monitoring“, Deutsches Zentrum für
Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), Berlin
2. Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie,
Universität Leipzig
Abstract
Zusammenfassung
Hintergrund Die in Deutschland gängige kriterienorientierte Erfassung der
Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird aktuell u. a. aus
sozialwissenschaftlich-methodischer Perspektive kritisiert. Insbesondere die
Eignung als Indikator für wahrgenommene Diskriminierung der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund kann aufgrund des aktuellen Forschungsstandes kritisch in
Frage gestellt warden
Methode Auf Basis eines bevölkerungsrepräsentativen Datensatzes (N=1989)
für die Stadt Berlin wurden ergänzend zur objektiven Erfassung eines
Migrationshintergrundes, die subjektive Sicht in Form von Selbst- und
antizipierter Fremdzuschreibung eines Migrationshintergrundes erfasst. Weiterhin
wurden soziodemografische und migrationsspezifische Charakteristika sowie
wahrgenommene Diskriminierung erhoben. Mittels deskriptiver und
inferenzstatistischer Methoden wurden Unterschiede zwischen der objektiven und
subjektiven Erfassung eines Migrationshintergrundes und deren Zusammenhänge mit
wahrgenommener Diskriminierung analysiert.
Ergebnisse Weniger als die Hälfte (38%, 154/400) der kriterienorientiert
als Personen mit Migrationshintergrund erfassten Befragten gab an, sich selbst
als Migrant*in zu bezeichnen. 36% (144/405) waren der Meinung, von anderen in
Deutschland als Person mit Migrationshintergrund bezeichnet zu werden. Personen
mit Migrationshintergrund sind deutlich stärker von Diskriminierung aufgrund von
Hautfarbe, Religion oder Herkunft betroffen als Befragte ohne
Migrationshintergrund. Es stellte sich zudem heraus, dass sowohl die
Selbstzuschreibung als auch die antizipierte Fremdzuschreibung als Migrant*in
positiv mit Erfahrungen von Diskriminierung und Rassismus assoziiert sind.
Diskussion Die Ergebnisse legen nahe, dass in migrationssensibler
Forschung nicht lediglich kriterienorientiert zwischen Personen mit und ohne
Migrationshintergrund unterschieden werden sollte. Vielmehr scheinen die
subjektiven Wahrnehmungen der eigenen Zuschreibung als Migrant*in vor allem als
Diskriminierungsindikatoren besser geeignet und sollten in Zukunft in der
Forschung oder bei Erhebungen zu Diskriminierungserfahrungen zusätzlich
Berücksichtigung finden.
Reference14 articles.
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