Resilienz nach der Flucht: Perspektiven von Geflüchteten und unterstützenden Praxisakteur*innen

Author:

Wulkau Linda1ORCID,Bramesfeld Anke2,Lindert Jutta3

Affiliation:

1. Institut für Epidemiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany

2. Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany

3. Soziale Arbeit und Gesundheit, Hochschule Emden/Leer, Emden, Germany

Abstract

Zusammenfassung Studienziel Die Studie beabsichtigt, die Perspektiven auf Resilienz nach der Flucht von Geflüchteten und von unterstützenden Praxisakteur*innen zu identifizieren (Ziel 1) und die Perspektiven beider Gruppen zueinander in Beziehung zu setzen (Ziel 2), um die inhaltliche Tiefe des Verständnisses von Postfluchtresilienz zu erweitern und Erkenntnisse über Beziehungen zwischen Praxisakteur*innen und Geflüchteten bereitzustellen. Methodik Drei semistrukturierte, leitfadengestützte Fokusgruppen mit Geflüchteten (N=9) und Praxisakteur*innen (N=13) zur Erfassung der Perspektiven beider Gruppen auf Resilienz nach der Flucht wurden auf Deutsch durchgeführt. Sie wurden iterativ nach Constructionist Grounded Theory ausgewertet. Ergebnisse Geflüchtete und Praxisakteur*innen berichten Belastungsfaktoren Unsicherheit und Begrenzung, Adaptionsprozesse Gemeinschaftlichkeit und Anstrengung sowie die Adaptionsziele Stabilität, Verbundenheit und positive Emotionalität (Ziel 1). Die Aussagen von Geflüchteten und unterstützenden Praxisakteur*innen zu Resilienz nach der Flucht stimmen inhaltlich stark überein und ergänzen sich gegenseitig. Geflüchtete berichten individualisierter und spezifischer als Praxisakteur*innen (Ziel 2). Diskussion Die Aspekte der Resilienz, die Geflüchtete und unterstützende Praxisakteur*innen nennen, replizieren Ergebnisse vorhergehender qualitativer Studien zu Postfluchtresilienz, welche mit Geflüchteten durchgeführt wurden. Sowohl die Belastung, adäquate Adaptionsmöglichkeiten vor Ort z.T. nicht zu kennen, als auch Versuche, Resilienz-förderliche Bedingungen zu schaffen, könnten spezifisch für die Resilienz von Geflüchteten sein. Die inhaltlichen Übereinstimmungen zwischen Geflüchteten und Praxisakteur*innen könnten durch Erfahrungen der Praxisakteur*innen im Rahmen von Unterstützungsprozessen oder durch ähnliche Lebenserfahrungen der Praxisakteur*innen bedingt sein. Die weniger individualisierte Herangehensweise an Postfluchtresilienz der Praxisakteur*innen könnte durch ein höheres Abstraktionsniveau, Rollenerwartungen oder Umgang mit emotionaler Belastung verursacht sein. Schlussfolgerung Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Resilienz Geflüchteter durch universelle und populationsspezifische Aspekte charakterisiert ist. Dass Praxisakteur*innen, die Geflüchtete unterstützen und Geflüchtete inhaltlich bezüglich der Resilienz nach der Flucht übereinstimmen, validiert die Ergebnisse bisheriger qualitativer Studien zu Resilienz nach der Flucht. Die Studie ermittelte darüber hinaus unterschiedliche Herangehensweisen von Geflüchteten und Praxisakteur*innen an Postfluchtresilienz, deren Verursachung weiterer Forschung bedarf.

Publisher

Georg Thieme Verlag KG

Subject

Psychiatry and Mental health,Applied Psychology,Clinical Psychology

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