Affiliation:
1. Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck
Abstract
ZusammenfassungJährlich erkranken in Deutschland über 14 000 Menschen an einem Nierenzellkarzinom. Bei 15 – 20 % liegen bei Diagnosestellung bereits Metastasen vor. Neben der medikamentösen Tumortherapie existieren auch chirurgische Konzepte bei der Behandlung des Primärtumors. Hierbei stehen die zytoreduktive sowie die palliative Nephrektomie (palliative nephrectomy, PN) im Vordergrund. Abhängig vom Wandel der systemischen Tumortherapie wurde auch die Sinnhaftigkeit der zytoreduktiven Nephrektomie (cytoreductive nephrectomy, CN) diskutiert. In der „Zytokin-Ära” etablierte sich die CN gefolgt von einer Therapie mit Interferon basierend auf 2 prospektiven randomisierten Studien und deren kombinierter Metaanalyse. Durch die Etablierung von Targeted-Therapien ab 2005 und das reine Vorliegen von retrospektiven Studien mit teilweise großen Patientenzahlen wurde der Stellenwert der CN kritisch hinterfragt. Mit der Veröffentlichung der CARMENA-Daten liegen nun aktuell erstmalig Daten vor, die die alleinige Therapie mit Sunitinib mit der CN gefolgt von Sunitinib vergleichen. Hierbei konnte gezeigt werden, dass die alleinige medikamentöse Therapie der kombinierten Therapie nicht unterlegen war – zumindest in der Gruppe der intermediate- und poor-risk Patienten. Nichtsdestotrotz bleiben auch diese Daten aufgrund diverser Kritikpunkte, wie dem hohen Anteil von Patienten mit poor-risk Konstellation sowie dem höheren Anteil von lokal fortgeschrittenen Tumorstadien im CN + Sunitinib-Arm, auf dem Prüfstand.Als Gründe für eine palliative Nephrektomie werden therapierefraktäre Schmerzen, Blutungen sowie schwere paraneoplastische Syndrome aufgeführt. Hierbei muss bei der Indikationsstellung berücksichtigt werden, dass gute supportive Therapiemaßnahmen und weniger invasive Therapien verfügbar sind. So können z. B. Blutungen durch Maßnahmen der interventionellen Radiologie in einer Vielzahl der Fälle adäquat kontrolliert werden.Im Rahmen der Entscheidungsfindung ist es unerlässlich, neben den Therapiealternativen, den Lokalbefund des Primärtumors sowie individuelle Risikofaktoren zu evaluieren.Rein technisch kann die palliative Nephrektomie offen oder laparoskopisch erfolgen und falls indiziert auch als Teilnephrektomie.