Affiliation:
1. Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Städtisches Klinikum Dresden Friedrichstadt, Dresden, Deutschland
Abstract
ZusammenfassungPeriprothetische Infektionen (PJI) stellen eine schwere Komplikation mit hoher
Morbidität dar. Vor dem Hintergrund zunehmender bakterieller Resistenzen sowie der
begrenzten Verfügbarkeit oraler Antibiotika mit entsprechend hoher Bioverfügbarkeit besteht
die Notwendigkeit zur intravenösen Antibiotikagabe. Dies führt zu einer langen
Hospitalisierung und hohen Kosten. Im Zuge der zunehmenden Ambulantisierung in Deutschland
sowie des Kapazitätsdruckes in den Kliniken kann die ambulante parenterale
Antiinfektivatherapie (APAT) hier eine Brücke schlagen.In einer monozentrischen Auswertung wurden 47 Fälle, die mit einer APAT versorgt worden,
bez. ihrer gewonnenen Erreger, deren mikrobieller Resistenz, der Indikation zur APAT und zum
Follow-up untersucht. Weiterhin wurden diese Patienten mit einem anonymisierten Fragebogen
zu 4 Themenclustern im Sinne der klinikinternen Qualitätssicherung zu Erfolg und Bewertung
dieser Therapieform befragt. Ein besonderes Augenmerk lag auf der deskriptiven Auswertung
der n = 30 periprothetischen Infektionen.Zwischen Mai 2021 und Oktober 2022 wurden von den insgesamt 47 Patienten mit APAT 30
Protheseninfekte therapiert. Ein auffallend unterschiedliches Erregerspektrum wurde für
Knie- und Hüftendoprothesen festgestellt. Dabei wurden im Hüftbereich vor allem hoch
resistente Staphylococcus epidermidis und Enterokokken (in dieser Fallstudie Difficult-to-Treat-Erreger, DTT)
nachgewiesen. Bei den Knien waren die Erreger eher sensibler, dafür aber hoch virulente
Staphylococcus aureus und Streptokokken. Schwer therapierbare Mischinfektionen gab es in
beiden Gruppen. Die Indikation zur APAT wurde zu 50% aufgrund der hohen Resistenzlage mit
einer Verfügbarkeit von nur noch intravenös zu applizierenden Antibiotika gestellt. Weitere
Indikationen waren DTT-Erreger, eine Flucloxacillin-Therapie sowie die APAT als
Exit-Strategie. In der Befragung konnte eine 96%ige Patientenzufriedenheit bez. der
Organisation und Akzeptanz der Therapieform nachgewiesen werden. Komplikationen oder
unerwartete ambulante/stationäre Behandlungen traten im Zusammenhang mit der APAT selten
auf. Knapp ⅔ der Befragten gaben subjektiv eine abgeschlossene Behandlung an. Im klinischen
Follow-up, das durchschnittlich 5,7 Monate umfasste, konnten hingegen sogar 96,6% der Fälle
als infektfrei deklariert werden. Bei einem Patienten persistierte der Infekt.Die APAT stellt eine sichere und zuverlässige Therapieoption zur ambulanten Fortsetzung
der intravenösen Antibiotikatherapie bei Infektionen des Bewegungsapparates dar. Bei
zunehmendem Kosten- und Kapazitätsdruck im stationären Sektor bietet diese Methode eine gute
Alternative zur stationären Therapie. Die Indikation zur APAT sollte individuell,
risikoadaptiert und nicht generell für alle Patienten gestellt werden. Der ambulante Sektor
muss für die flächendeckende Etablierung der APAT finanziell und strukturell unterstützt
werden. Ein weiterer Fokus sollte auf die verstärkte Prävention von PJI gelegt werden. Mit
dem Wissen um das erwartbare Erregerspektrum sowie der operativen Ressourcen sollten
Standards angepasst werden. Die Wahl der Antibiotika sollte spezifiziert und die
Gabeintervalle nach entsprechendem OP-Verlauf verkürzt werden, um hohe
Wirkstoffkonzentrationen im OP-Gebiet zu erzielen. Es sind weitere Untersuchungen notwendig,
um die Überlegenheit der APAT gegenüber der oralen Gabe in der Langzeitbeobachtung zu prüfen
sowie die notwendige Dauer der APAT festzulegen.