Affiliation:
1. Fachbereich Pflege und Gesundheit, Hochschule Fulda
2. Qualitative Forschungsmethoden und strategische Kommunikation
für Gesundheit, Inklusion und Teilhabe, Technische Universität
Dortmund
Abstract
Zusammenfassung
Ziel der Studie Menschen mit Behinderung zählen zu einer
vulnerablen Bevölkerungsgruppe, insbesondere hinsichtlich ihrer
ökonomischen und gesundheitlichen Ausgangslage. In der
sozialepidemiologischen Forschungslandschaft sind kaum Auswertungen zur
psychischen Gesundheit und zum Gesundheitsbewusstsein bei Menschen mit
Behinderung mittels repräsentativer Daten vorhanden, insbesondere
nicht differenziert nach ihrem Behinderungsgrad (GdB). Ziel des Beitrags ist
daher, zu untersuchen 1) wie die psychische Gesundheit und das
Gesundheitsbewusstsein von Menschen mit Behinderung, differenziert nach dem
GdB, im Vergleich zu Menschen ohne Behinderung eingeschätzt werden.
Zudem stellt der Beitrag 2) Unterschiede in den genannten
Zielgrößen, differenziert nach dem GdB, dar.
Methodik Datenbasis bildet die repräsentative Studie
„Gesundheit in Deutschland Aktuell (GEDA) 2012“
(N=19.294). Als Zielgrößen wurden die
selbstberichtete Gesundheit, das Gesundheitsbewusstsein, das Vorliegen einer
Depression bzw. depressiven Verstimmung, das seelische Unwohlsein, die
Vitalität sowie das psychische Wohlbefinden analysiert. Als
Expositionsvariable wurde die anerkannte Behinderung (GdB≥50 vs.
GdB<50 vs. keine Behinderung) herangezogen. Es wurden uni- und
bivariate Analysen anhand von kreuztabellarischen Analysen sowie
multivariate Analysen mittels binär-logistischer Regression,
kontrolliert für soziodemografische und -ökonomische sowie
gesundheitsbezogene Merkmale, durchgeführt.
Ergebnisse Menschen mit Behinderung schätzen ihre psychische
Gesundheit häufiger schlecht ein als Menschen ohne Behinderung. In
den bi- und multivariaten Analysen zeigt sich ein behinderungsspezifischer
Gradient nach dem GdB für alle Zielgrößen
(p<0,001). Menschen mit Behinderung weisen eine signifikant
höhere Chance für schlechtere Ausprägungen aller
untersuchten Aspekte der psychischen Gesundheit auf im Vergleich zu Menschen
ohne Behinderung. Menschen mit Schwerbehinderung (GdB≥50) haben eine
mehr als 4,6-fach erhöhte Chance für eine schlechte
selbstberichtete Gesundheit und eine 2,5-fache Chance für eine
Depression bzw. depressive Verstimmung im Vergleich zu Menschen ohne
Behinderung. Ein hohes Gesundheitsbewusstsein war häufiger bei
Menschen mit Behinderung vertreten als bei Menschen ohne Behinderung.
Schlussfolgerung Der Beitrag verdeutlicht, dass Menschen mit
Behinderung hinsichtlich der berichteten psychischen Gesundheitsindikatoren
häufiger belastet sind als Menschen ohne Behinderung und ein
deutlich erhöhtes Risiko für eine schlechte psychische
Gesundheit aufweisen als Menschen ohne Behinderung. Zielgerichtete
Maßnahmen sind erforderlich, die insbesondere die Zielgruppe der
Menschen mit Behinderung adressieren. Der Zugang zu Gesundheitsdiensten und
-programmen, Hilfstechnologien und Unterstützungsdiensten sollte
künftig gestärkt sowie das Thema Gesundheit von Menschen mit
Behinderung zum Gegenstand der Forschung und Gesundheitsförderung im
Sinne des WHO Action Plans zu „Better health for all people with
disability” (2014–2021) gemacht werden.