Affiliation:
1. Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie,
Paracelsus Medizinische Privatuniversität – Nürnberg
2. Praxis für Psychotherapie und Supervision, Ingolstadt
3. Waldstraße 14, Bubenreuth
Abstract
ZusammenfassungDem umfassenden Verständnis von krankheitsauslösenden und -aufrechterhaltenden
Faktoren kommt im Hinblick auf die Ausprägung psychischer Komorbidität bei COPD
eine große Bedeutung zu. In der vorliegenden Mixed-Methods-Studie wurden
qualitative Interviewdaten zu Belastungen und Krankheitsverarbeitung mit
psychischer Komorbidität (mittels PHQ-D) sowie Lebenszufriedenheitsvariablen
(Positive Affect Negative Affect Schedulde, PANAS und Satisfaction with Life
Scale, SWLS) in Beziehung gesetzt und um den Freiburger Fragebogen zur
Krankheitsverarbeitung (FKV-LIS) ergänzt. Die beiden erzählanregenden
Interviewfragen lauteten: 1.) „Was beschäftigt Sie zur Zeit am meisten?“; 2.)
„Wie gehen Sie im Alltag mit Ihrer chronischen Erkrankung um?“ Insgesamt 62
aufgrund von COPD hospitalisierte Patient:innen nahmen teil. Die Schwere der
körperlichen Beeinträchtigung wurde mittels GOLD-Stadium und
Charlson-Komorbiditätsindex (CCI) bewertet. Die durchgeführten Interviews wurden
inhaltsanalytisch ausgewertet und anschließend quantitativ erfasst. Die
erhobenen Daten wurden anschließend zwischen zwei Gruppen hinsichtlich
psychischer Belastung verglichen. Es wurden 13 Belastungsthemen und 11
Copingstrategien inhaltsanalytisch identifiziert. Insgesamt 42 Patient:innen
zeigten Anzeichen von psychosozialer Belastung, während 20 Patient:innen keine
derartigen Belastungen aufwiesen. Es gab keine signifikanten Unterschiede
zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich soziodemografischer Merkmale und der
Schwere ihrer körperlichen Symptome. Bei der ersten Interviewfrage thematisierte
die belastete Gruppe häufiger Themen im Zusammenhang mit dem Tod (35,7%
gegenüber 15,0%) und sozialen Belastungen (21,4% gegenüber 0,0%). In der
nicht-belasteten Gruppe wurden in Bezug auf die zweite Interviewfrage
signifikant häufiger Strategien zur bewussten Betonung positiver Emotionen
genannt (70,0% gegenüber 31,0%). Darüber hinaus zeigten sich höhere Werte in den
FKV-Skalen für depressive Verarbeitung sowie Bagatellisierung und Wunschdenken
in der belasteten Gruppe. In der klinischen Betreuung bei COPD sollten
Lebensqualität und psychische Belastung berücksichtigt werden, wobei Maßnahmen
zur Beeinflussung der Krankheitswahrnehmung und der damit zusammenhängenden
Copingstile, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung einer realistischen
und optimistischen Sichtweise auf die Lebens- und Erkrankungssituation sowie der
Einbezug von Gruppen- und familientherapeutischen Interventionen von Bedeutung
sind.