Affiliation:
1. Rheumatologie/Osteologie, Klinik für Innere Medizin
III, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland
2. Nephrologie, Klinik für Innere Medizin III,
Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland
Abstract
ZusammenfassungANCA-assoziierte Vaskulitiden (AAV) sind nekrotisierende Vaskulitiden der
kleinen bis mittelgroßen Gefäße, welche die
Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), die mikroskopische Polyangiitis (MPA)
und die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) umfassen. AAV
gehen häufig mit Organfunktion-bedrohenden Manifestationen und einer
entsprechend erhöhten Mortalität einher. Für die
Planung von Diagnostik, Therapie und Langzeitbetreuung ist daher eine
Risikostratifizierung im Hinblick auf Mortalität, Entwicklung
schwerer Organinsuffizienzen, insbesondere einer terminalen
Niereninsuffizienz, mögliche Therapieresistenz, Rezidive,
Infektionen und Malignome erforderlich. Wichtige Risikofaktoren für
erhöhte Mortalität und/oder terminale
Niereninsuffizienz sind neben der renalen Beteiligung per se eine bereits
zum Zeitpunkt der Diagnose deutlich eingeschränkte renale Funktion
einschliesslich initialer Dialysepflichtigkeit, eine hohe initiale
Aktivität der AAV gemessen am Birmingham Vaskulitis Activity Score,
aber auch kardiale und gastrointestinale Manifestationen, Infektionen,
Anämie sowie ein Alter von>65 Jahren. Histologisch ist der
Nachweis chronischer irreversibler glomerulärer und
tubulärer Läsionen in der Nierenbiopsie mit einer schlechten
Prognose im Hinblick auf die Nierenfunktion assoziiert. Basierend auf der
histopathologischen Klassifikation der ANCA-assoziierten Glomerulonephritis
(GN) ist der Befund einer sklerosierenden GN mit einer besonders
ungünstigen Prognose assoziiert, während die fokale GN sehr
selten zur terminalen Niereninsuffizienz führt. MPO-ANCA zeigen eine
Assoziation mit chronischen Läsionen in der Nierenbiopsie sowie
erhöhter Mortalität und erhöhtem Risiko für
terminale Niereninsuffizienz. Im Hinblick auf die pulmonale Beteiligung sind
alveoläre Hämorrhagie und interstitielle Lungenerkrankung
mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Bei EGPA wird die
Prognose entscheidend durch die Kardiomyopathie bestimmt. Risikofaktoren
für Rezidive weichen erheblich von denen für
Mortalität und terminale Niereninsuffizienz ab. Ein erhöhtes
Rezidivrisiko besteht bei Nachweis von PR3-ANCA, GPA und pulmonaler
Beteiligung. Auch bei granulomatösen Läsionen, Beteiligung
des oberen Respirationstraktes und kardiovaskulären Manifestationen
wird ein erhöhtes Rezidivrisiko beschrieben. Im Gegensatz zur
Assoziation einer initial schlechten Nierenfunktion mit Mortalität
und terminaler Niereninsuffizienz, wurde für Patienten mit initial
guter Nierenfunktion ein erhöhtes Rezidivrisiko gezeigt. Weitere
Risikofaktoren für Rezidive sind Staphylokokken-Besiedelung der
Nase, frühere Rezidive und ANCA-Positivität nach
Remissionsinduktion. Titeranstieg oder Wiederauftreten von ANCA zeigen nur
eine moderate Beziehung zum Rezidivrisiko. Der prädiktive Wert
für Rezidive ist offenbar bei bestimmten Subgruppen, wie bei
Patienten mit renaler Beteiligung und pulmonaler Hämorrhagie sowie
bei mit Rituximab-behandelten Patienten besser als bei Patienten mit
granulomatösen Manifestationen. Daher ist eine Therapieentscheidung
allein auf Basis der Entwicklung der ANCA-Titer nicht möglich.
Risikofaktoren für schwere Infektionen sind höher dosierte
und prolongierte Glukokortikoidtherapie, Leuko- und Lymphopenie,
höheres Lebenalter, Niereninsuffizienz und pulmonale Beteiligung.
Die Malignomrate insbesondere für Nicht-Melanom-Hauttumoren,
Harnblasenkarzinome und Leukämie ist bei AAV erhöht und
zeigt eine Assoziation mit hohen kumulativen Cyclophosphamiddosen. Da
insbesondere frühzeitige irreversible Organschäden die
Prognose bestimmen und Rezidive die Entwicklung irreversibler
Schäden treiben, sind frühestmögliche Diagnose und
Therapie sowie rasches Erkennen und Vermeiden von Rezidiven essentiell
für die Risikominimierung.