Abstract
Diese vergleichende Studie untersucht die Wege, auf denen israelische Nachfahren des Holocaust und die Nachfahren des kambodschanischen Völkermordes die ›unterbrochenen‹ Nachfahren-Vorfahren-Beziehungen mit den persönlich nie gekannten Toten des Genozids wiederherstellen. In der empirischen Untersuchung der Art und Weise, wie entfernte Verbindungen, die in Zeiten des Krieges und des massiven Leidens ›unterbrochen‹ wurden, im alltäglichen Leben wiederhergestellt werden, füllt diese Untersuchung eine Leerstelle der Forschung über die Folgen von Völkermorden, die fortbestehenden Bindungen und den Kontakt zwischen dem Einzelnen und den Verstorbenen. Die Nachkommen zeigen Wege einer Verbindung mit den Toten auf, zu denen der Kontakt zwischen dem einzelnen Menschen und dem Toten gehört, die Interaktion zwischen Mensch und Objekt, das vorgestellte Gespräch, die jeweils eine Kopräsenz und eine Intersubjektivität konstituieren. Im Gegensatz zu Traumatheorien sowie Holocaustund Genozidstudien wie auch zur Anthropologie der Abwesenheit, welche die Beziehung zu den Toten auf eine maladaptive Identifikation oder eine belastende Gegenwärtigkeit einer entleerten Abwesenheit reduzieren, weisen die Ergebnisse auf normalisierte und ermächtigende Beziehungen hin. Die Ergebnisse des Vergleichs tragen zu unserem Verständnis bei, wie die Art und Weise kulturübergreifender Bedeutungsstiftung die durchlässige Grenze zwischen den Lebenden und ihren Ahnen unterschiedlich konzeptualisiert und die Wiederherstellung (dis)kontinuierlicher Bindungen prägt.
Publisher
Psychosozial-Verlag GmbH and Co. KG
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