Abstract
In den Ermittlungen zur Mordserie des NSU ist eine eklatante Blindheit der Sicherheitsbehörden in der Wahrnehmung von Rassismus sichtbar geworden. Es stellt sich daher die Frage, ob die Kategoriensysteme zur Erfassung rassistischer Gewalt ausreichend sind. Der sogenannten »Extremismustheorie« kommt dabei ein zentraler Stellenwert zu. Ausgehend von einer Sozialpsychologie des Nationalgefühls kann gezeigt werden, dass die Kategorie der »Mitte«, wie sie von diesen Ansätzen formuliert wird, leicht mit der nationalen Eigengruppe identifiziert werden kann und eine solche Identifikation von VertreterInnen der »Extremismustheorie« auch nahegelegt wird. Die Erkennung politisch motivierter Gewalt wird dabei an die Wahrnehmung eines Angriffs auf die nationale Eigengruppe geknüpft, die bei rassistischer Gewalt ausbleibt. Dies könnte einer der Gründe für das Nichterkennen des rassistischen Motivs der NSU-Morde sein.
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