Abstract
Der Beitrag widmet sich der tiefenhermeneutischen Analyse einer Fallvignette eines geflüchteten Mannes, der bereits seit fünf Jahren in Deutschland lebt. Zunächst werden methodische Überlegungen zum Thema Flucht und Ankommen sowie Grundannahmen der Tiefenhermeneutik umrissen; anschließend werden die Ergebnisse der Analyse präsentiert. Die Ergebnisse weisen erstens auf intime Wünsche nach Beziehungen und Nähe hin, die unter den Bedingungen der Ankunftsgesellschaft von Geflüchteten latent gehalten werden müssen. Zweitens scheint in der Auseinandersetzung mit dem Material aber auch eine Verstrickung der Interpret:innen in die Machtund Herrschaftsverhältnisse der Ankunftsgesellschaft wirksam zu werden, die zu einer Ausklammerung der durch Deutschland abgelehnten und verletzten Selbstanteile des Geflüchteten beitragen. Abschließend werden die Ergebnisse in den Kontext psychoanalytischer Theorien zur Trauer gestellt.
Publisher
Psychosozial-Verlag GmbH and Co. KG