Author:
Tateo Luca,Marsico Giuseppina
Abstract
Der Dichter Oswald de Andrade (1890–1954) behauptete in seinem ikonischen Manifesto antropófago (1928) die originäre und kreative Fähigkeit der brasilianischen modernistischen Kultur, ihr europäisches, indianisches und afrikanisches Erbe auf außergewöhnliche Weise zu verarbeiten. Gestützt auf die Metapher der Anthrophagie werden wir ein Projekt der Psychologie diskutieren, das, im Gegensatz zu einem hyper-fragmentierten technischen Wissen, für Vielfalt und Transdisziplinarität offen ist. Wir möchten dadurch einen Ausweg aus der Sackgasse des hegemonialen, kolonisierenden »Mainstreams« zeigen, der einer sich aktuell oftmals selbst marginalisierenden »Gegenkultur« gegenübersteht. Zu diesem Zweck konzipieren wir anthropophagische Psychologie als eine polyphone Psychologie und schlagen vor, Arenen menschlichen Lebens und Handelns als lokale Ökosysteme zu begreifen, mit ihren jeweils spezifischen Konfigurationen, die zwar einzigartig sind, aber durch die Identifikation und Analyse verallgemeinerbarer Prozesse verstanden werden können.