Abstract
Tobias Jenert und Ingrid Scharlau entwerfen in diesem Beitrag ein Modell einer Wissenschaftsdidaktik, das die Kommunikation von Wissenschaft im Rahmen der Lehre und darüber hinaus, nicht als Prozess nach dem Forschen versteht, sondern als integralen Bestandteil des forschenden Erkenntnisprozesses. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist die Annahme, dass Wissenschaft und genauer genommen einzelne Disziplinen spezifische Praktiken entwickelt haben, die das Handeln der Angehörigen der jeweiligen disziplinären Gemeinschaft prägen. Diese Praktiken werden insbesondere an kommunikativen Artefakten (Texten) sichtbar, sind den Angehörigen der Disziplinen aber oft nur teilweise bewusst und selten in expliziten Regeln kodifiziert. Für Personen außerhalb der jeweiligen disziplinären Gemeinschaft und ganz besonders für jene, die keinen direkten Bezug zum Wissenschaftssystem haben, sind solche disziplinären Praktiken häufig schwer zu erschließen. Ältere Konzepte zur Beschreibung von Entwicklungsprozessen Studierender sprechen von Hochschul- bzw. Fachsozialisation, und das Studium wird als Einüben und teilweises Erschließen der häufig impliziten disziplinären Praktiken verstanden. Ziel unseres Beitrags ist es, Grundzüge einer Wissenschaftsdidaktik zu formulieren, welche Verständigung über wissenschaftliche Praktiken zu einem Kernbestandteil akademischer Lehre macht. Darüber hinaus umfasst unsere Wissenschaftsdidaktik ein Moment reflexiver Wissenschaftskritik, das auf die Disziplinen und deren Praktiken selbst zurückwirkt.
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