Author:
Nickel Stefan,Schröder Winfried,Dreyer Annekatrin,Völksen Barbara
Abstract
Die Anreicherung von chemischen Elementen in Moosen ist ein indirektes Maß für die atmosphärische Deposition und damit eine wichtige Ergänzung der zur Überwachung der Genfer Luftreinhaltekonvention verwendeten Techniken. Ziel des Beitrages ist die Quantifizierung und Kartierung der zeitlichen und räumlichen Trends der Metallanreicherung in Moosen, die in Deutschland 1990, 1995, 2000, 2005, 2010, 2015 und 2020 gesammelt wurden. Sammlung und chemische Analytik der Moosproben erfolgten nach internationalen Richtlinien und beinhalteten Qualitätskontrollen. Für die räumliche Statistik und die Kartierung wurden Variogrammanalyse und Kriging‐Interpolation verwendet. Zur Qualitätskontrolle diente die Kreuzvalidierung.
Die im Zeitraum zwischen dem MM 2005 und MM 2015 bei allen Schwermetallen festgestellten Rückgänge setzen sich im Moosmonitoring 2020 (MM 2020) nicht fort. Vielmehr wurden im MM 2020 bei vier der sechs untersuchten Metalle (Cd, Cu, Ni und Sb) höhere Konzentrationen in den Moosproben gemessen als im MM 2015. Die Spannweite reicht von +26 % (Cu) bis +165 % (Ni). Bei As und Pb sind dagegen keine signifikanten Veränderungen im Vergleich zu 2015 festzustellen. Ein zwischenzeitlicher Anstieg wurde auch zwischen 2000 und 2005 für Cr, Sb und Zn ermittelt. Anders verhält sich der langfristige Trend im Vergleich der aktuellen Medianwerte mit denen des Basisjahres (= Jahr der Erstbeprobung): Seit 1990 nehmen die Mediane der Gehalte von As, Cd, Cu, Ni, Pb und Sb in den Moosen signifikant ab, wobei der stärkste Rückgang bei Pb zu verzeichnen ist (−86 %). Auch aus anderen Teilnehmerstaaten des European Moss Survey wird zwischen den Surveys 2015 und 2020 von zunehmenden Metallkonzentrationen in Moosen berichtet.
Die in den letzten fünf Jahren gestiegenen Metallgehalte in den Moosen korrespondieren nicht mit den entsprechenden Trends der berichteten Schwermetallemissionen in Deutschland (2015–2020; NaSE 2022). Vielmehr ergeben sich gegenläufige Entwicklungen, d. h., während die Metallemissionen durchweg rückläufig sind, nehmen die gemessenen Konzentrationen in den Moosen zwischen 2015 und 2020 zu. Die größten Diskrepanzen ergeben sich bei Ni. Zum Vergleich wird ähnlich auch von Frankreich eine Zunahme der Pb‐Konzentration in den Moosen zwischen 2015 und 2020 berichtet, obwohl der im französischen Emissionskataster abgebildete Trend abnehmend ist. Die Langfristtrends der in den Moosen gemessenen As‐, Cd‐, Cu‐, Ni‐ und Pb‐Konzentrationen zeigen dagegen insgesamt gute Übereinstimmungen zu den entsprechenden Emissionstrends in Deutschland (1990–2020), wobei auffällt, dass die Langfristtrends in den Moosdaten zumeist schwächer ausgeprägt sind als in den Emissionsdaten.
Zu bedenken ist, dass in Deutschland bei nur 26 Orten, an denen Moosproben gesammelt wurden, die Mindestprobenzahlen im MM 2020 für die Metalle nicht erreicht werden. Es kann nicht beurteilt werden, ob die im MM 2015 beobachteten deutlichen Rückgänge der Schwermetallgehalte in den Moosen (n = 397 bis 400) oder der im MM 2020 festgestellte deutliche Anstieg (n = 26) jeweils Ausnahmen im Langfristtrend darstellen. Dies könnte erst im MM 2025 auf Basis einer größeren Stichprobe geklärt werden. Ebenso wäre ein eingehenderer Vergleich mit den aus anderen europäischen Teilnehmerstaaten berichteten Trends der HM‐Gehalte in den Moosen zu empfehlen.
Der Vergleich der Trends der Schwermetallemissionen mit den Werten des Moos‐Monitorings legt sehr nachdrücklich nahe, dass es nicht ausreicht, nur Emissionsdaten oder die aus diesen Daten abgeleitete modellierte Deposition zu betrachten. Vielmehr ist deren Ergänzung durch technisch gemessene Immissions‐ bzw. Depositionsdaten unabdingbar. Dies gilt erst recht, weil Emissionsdaten i. d. R. nur unvollständig vorliegen und vielfach nicht auf direkten Messungen (wie bei Hausfeuerungsanlagen) beruhen, sondern auf semiquantitativen Schätzungen. Für eine Analyse der zeitlichen Trends atmosphärischer Schwermetalldeposition durch Vergleich zwischen technisch gemessener Deposition und in Moosen gemessener Bioakkumulation stünden nach derzeitigem Stand in Deutschland mindestens 56 Standorte mit Abständen von weniger als 5 km zwischen den Stationen des Luftgütemessnetzes des Bundes/der Länder und den Standorten des seit 1990 beprobten Moos‐Messnetzes als gepaarte Stichprobe zur Verfügung. Eine darauf aufbauende integrative Trendanalyse würde auch zur Klärung der Frage beitragen, ob und inwieweit die Jahre 2015 oder 2020 als Ausnahmejahre hinsichtlich der Schwermetallgehalte in den Moosen zu einzustufen sind.
Reference33 articles.
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