1. Vor einiger Zeit (dieses Archiv 1877, S. 1) habe ich mich in Gemeinschaft mit R. Köppen mit einer Untersuchung des Veratrins beschäftigt und hierbei constatirt, dass sowohl das selbst dargestellte, als auch das käufliche, von Sabadillin und Sabatrin freie Alkaloïd, durch Behandlung mit verdünntem Alkohol in eine krystallisirbare — krystallisirtes Veratrin — und in eine amorphe Base — amorphes Veratrin — von gleicher procentischer Zusammensetzung zerlegt werden kann. Ich liess es damals dahingestellt, ob jene beiden Modificationen des Veratrins, die krystallisirbare und die amorphe, auch in dem Sabadillsamen selbst existiren, oder ob letztere erst durch die Operation des Abscheidens etc. in Folge eines Verlustes der ursprünglichen Krystallisationsfähigkeit aus ersterer entstanden sei. In Uebereinstimmung mit Weigelin machte Köppen und ich damals ferner die Beobachtung, dass bei der Behandlung des reinen, käuflichen Veratrins mit verdünntem Alkohol ausser jenen beiden, in Wasser unlöslichen Modificationen, noch eine dritte, in Wasser leicht lösliche Modification des Veratrins, und zwar anscheinend aus jenen beiden ersteren, gebildet wird. Die Analysen dieser drei, nach unserer derzeitigen Kenntniss als isomer betrachteten Veratrinmodificationen lieferten die gleichen Daten, wie die, welche in grosser Anzahl von dem Ausgangsmateriale verschiedenen Ursprungs zur Ausführung gelangten. Als einfachster Ausdruck jenes ziemlich umfangreichen analytischen Materiales ergab sich die Formel C32H50NO9, und zwar im Gegensatze zu den von Merk (C32H52N2O3) und von Weigelin (C52H86N2O15) gemachten Angaben. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass diese, lediglich aus dem analytischen Materiale abgeleitete, nur mit den ermittelten Daten am besten übereinstimmende Formel auf Grund weiterer Versuche noch einer Modification bedürftig war. Entweder musste sie nach dem Gesetze der paaren Atomzahlen in C32H49NO9 oder in C32H51NO9 abgeändert werden, oder sie musste eine Verdopplung erfahren. Eine Entscheidung zwischen diesen drei Möglichkeiten konnte bei der hohen Moleculargrösse des Veratrins naturgemäss nicht auf analytischem Wege, sondern nur durch ein eingehendes Studium der Spaltungsproducte jener Basen getroffen werden. Eine Entscheidung dieser Frage erschien auf letzterem Wege umsomehr erreichbar zu sein, als ich bereits damals die Beobachtung machte, dass sämmtliche drei Modificationen des Veratrins in alkoholischer Lösung durch Barythydrat eine Spaltung in einfachere Verbindungen erleiden.