Ein Mord ist ein Mord ist ein Mord!? Der Beitrag akzeptierender Jugendarbeit zur Dethematisierung rechten Terrors

Author:

Fischer Gabriele

Abstract

Ein rechter Terroranschlag stellt ein extremes krisenhaftes Ereignis dar – auch für die Kommune, in der er stattfindet. In den meisten Fällen lässt sich relativ schnell nach der Tat eine Dethematisierung rechter Gewalt feststellen. Für die wissenschaftliche Auseinandersetzung stellt sich die Frage nach den Dynamiken der Dethematisierung: Wie kommt es dazu, dass die Taten aus dem öffentlichen Diskurs verschwinden? Auf der Basis einer multiperspektivischen Analyse eines extrem rechten Mordes in Baden-Württemberg wird die Rolle der mobilen Jugendarbeit für den Prozess der Dethematisierung analysiert, die in diesem Fall eine wichtige Funktion zugeschrieben bekam. Damit wird ein westdeutscher Fall diskutiert, was insofern von Bedeutung ist, als die mobile Jugendarbeit mit akzeptierendem Ansatz häufig für die ostdeutschen Bundesländer dieser Zeit problematisiert wird. Basis der qualitativ-rekonstruktiven Analyse sind Interviews mit dem damaligen Sozialarbeiter und einem ehemals rechtsorientierten Jugendlichen. Beide wurden mehr als 25 Jahre nach dem Anschlag im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts befragt. Die Rekonstruktion zeigt, dass die mobile Jugendarbeit in diesem Fall als zentrale Problemlösungsinstanz von der Gemeinde adressiert wurde, indem die damals rechtsorientierten Jugendlichen als Hauptursache konstruiert und isoliert wurden. Die Kontrastierung der beiden Perspektiven verweist darauf, dass die mobile Jugendarbeit sich nach diesem krisenhaften Ereignis des Mordes die politischen Ziele der Kommune zu Eigen gemacht und damit mit zur Dethematisierung des Mordes beigetragen hat. Dies war unter anderem möglich, weil die mobile Jugendarbeit den akzeptierenden Ansatz anwendete, der gesellschaftliche Ermöglichungsbedingungen extrem rechter Haltungen weitgehend ausblendet und diese als Problemlage von Jugendlichen fasst. Mit diesem Beitrag soll mit einem qualitativen Zugang ein weiterer empirischer Beitrag für die Auseinandersetzung um die Dethematisierung rechten Terrors der 1990er Jahre geleistet werden.

Publisher

Verlag Barbara Budrich GmbH

Reference24 articles.

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2. Bock, V./Bruns, L./Lehnert, E. (2023): "Bei mir haben sich auch die härtesten Nazis im Liebeskummer ausgeheult". Genderreflektierende und antisemitismuskritische Perspektiven auf den sozialpädagogischen Umgang mit rechten Jugendlichen Anfang der 1990er Jahre. In: Bock, V./ Bruns, L./Jänicke, C./Kopke, C./Lehnert, E./Mildenberger, H. (Hrsg.): Jugendarbeit, Polizei und rechte Jugendliche in den 1990er Jahren. Weinheim, S. 51-70.

3. Böker, A. (1992): Tatverdächtige von Kemnat wollten "Polacken klatschen". In: Esslinger Zeitung, 10. Juli 1992.

4. Bruns, L. (2019): Der NSU-Komplex und die akzeptierende Jugendarbeit: Perspektiven aus der sozialen Arbeit. Oldenburg.

5. Chaussy, U. (2020): Das Oktoberfest-Attentat und der Doppelmord von Erlangen: Wie Rechtsterrorismus und Antisemitismus seit 1980 verdrängt werden. Bonn.

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