Abstract
Die als chronisch etikettierten Schmerzen verursachen bei den Kranken und ihren Angehörigen erhebliche Leiden und neben den sozialen Kosten auch hohe ökonomische Kosten für das Versorgungs-, Sozial- und Wirtschaftssystem. Schmerzen sind jedoch nicht grundsätzlich pathologisch, vielmehr gehören sie als eine anthropologische Konstante zum Leben dazu. Sie sichern nicht nur das physische Überleben, sondern gehen als Körperausdruck in soziale Beziehungen ein, aktualisieren Identität und weisen Individuen ihre Positionen im gesellschaftlichen Geflecht zu. Dieser Beitrag thematisiert daher die Unschärfe zwischen Schmerz als alltäglicher unangenehmer Empfindung und Schmerz als Krankheit. Dazu werden anhand von leitfadengestützten biografischen Interviews Schmerzpraktiken und Schmerzdeutungen bei Kopfschmerzen untersucht. Im Ergebnis zeigt sich, dass entsprechend des Inkorporierungsansatzes von Pierre Bourdieu (1982) Kopfschmerzen in milieutypische Reproduktions- und Lebensbedingungen eingehen, die sowohl das Alltagsverständnis von Schmerzen strukturieren, als auch darüber bestimmen, welche medizinischen Deutungsangebote angenommen werden.
Publisher
Verlag Barbara Budrich GmbH
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