Abstract
Das weltweit vorherrschende Entwicklungsmodell in Form eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums steht in der Kritik – dies nicht allein, aber vor allem auch wegen seiner ökologisch negativen Auswirkungen.1 Die Kritik am Wachstumsparadigma ist jedoch keineswegs neu, vielmehr gibt es sie fast schon so lange wie das Wirtschaftswachstum selbst.2 Mit Blick auf die zurück-liegenden 50 Jahre führte vor allem der erste Bericht an den Club of Rome (Meadows et al. 1972) zu einer breiteren gesellschaftlichen Diskussion um die „Grenzen des Wachstums“ auf einem Planeten mit endlichen natürlichen Res-sourcen. Die wachstumskritischen Beiträge der jüngeren Vergangenheit knüpfen daran an, erweitern die frühe Diskussion unter Schlagworten wie „Post-wachstum“, „Green Growth“ oder „De-Growth“ jedoch zugleich um neue Perspektiven der Kritik, aber auch denkbare Lösungen des Konflikts zwischen Wachstum und Umweltschutz.3 Zwar sind Zielkonflikte und damit einhergehende Opportunitätskosten als solches aus ökonomischer Sicht keine Besonderheit. Die Brisanz des Konflikts zwischen Wirtschaftswachstum und Um-weltverbrauch kann jedoch in der mittlerweile erreichten Eingriffsintensität ökonomischen Handelns in die natürlichen Regelkreisläufe gesehen werden, die den Fortbestand der menschlichen Zivilisation selbst gefährden könnte. Vor dem Hintergrund dieses in den zurückliegenden Ausführungen sich aus-drückenden Konflikts zwischen Wirtschaftswachstum und Umwelt(-schutz) geht der vorliegende Beitrag zunächst der Frage nach, wie sich dieser Zielkonflikt aus ökonomischer Sicht sowohl inhaltlich als auch institutionell näher bestimmen lässt (Kapitel 2). Dies schließt auch eine Betrachtung mit ein, wie sich das Verhältnis von Wachstum und Umwelt im Verlauf des wirtschaftlichen Entwicklungsprozesses und damit in der zeitlichen Dimension gestaltet, wie dies den Überlegungen zur „Umwelt-Kuznets-Hypothese“ zugrunde liegt. Daran anschließend werden verschiedene Ansätze vorgestellt, die unterschiedliche Reformmaßnahmen zur „Entschärfung“ der Beziehung zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltverbrauch zum Gegenstand haben (Kapitel 3). Diese lassen sich grob danach differenzieren, ob (1) der Zielkonflikt als nur einseitig zulasten des Wachstumsziels lösbar eingestuft wird (De-Growth- bzw. Postwachstums-Ansätze), (2) ein schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen als nur durch eine grundlegende ethische Neuausrichtung der Marktwirtschaft realisierbar gilt (Ansatz der Gemeinwohlökonomie) oder (3) von der Möglichkeit einer weitgehenden Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Umweltverbrauch (Ansätze des „Green Growth“) ausgegangen wird. Der Beitrag endet mit der Ableitung ordnungspolitischer Schlussfolgerungen, die als wichtige Bausteine einer Lösung des Zielkonflikts zwischen Wachstum und Umwelt zu verstehen sind (Kapitel 4).
Publisher
Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse
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