Das Feld der empirischen Musikgeschmackforschung wird seit Jahrzehnten von Methoden aus den sozialpsychologischen Disziplinen dominiert. Für das Bestreben, Musikgeschmack messbar zu machen, gehört es zum festen Methodeninventar, im Rahmen quantitativer Studien den Teilnehmer*innen Genrebegriffe zur Bewertung vorzulegen. Die dabei hingegen kaum berücksichtigten musikwissenschaftlichen Theorien und Erklärungsansätze zeigen auf, dass Genrebegriffe starke soziale Konnotationen und eine fluide Bedeutungsebene aufweisen, was sich im Kontext empirischer Studien zu Musikgeschmack hinsichtlich ihrer Eignung als valide Test-Items als impraktikabel erweisen kann. Richtet sich das Forschungsinteresse auf individuelle Aspekte des Musikgeschmacks, können Kategorisierungen von Musik, die vordergründig sozial konnotiert sind, nicht die dezidierte musikalische Analyse des beurteilten Gegenstandes ersetzen. Dieser Artikel stellt kritische Standpunkte gegenüber der Anwendung von Musikgenres in empirisch ausgerichteten Forschungsarbeiten vor. Zugleich werden einschlägige Theorien zum Genrebegriff zusammengefasst, um dessen Eignung für zukünftige Forschungsarbeiten jeweils methodisch abwägen zu können.