Gesichterverarbeitung im Kleinkind- und Vorschulalter

Abstract

Zusammenfassung. Während für die allgemeine visuelle Wahrnehmung im Kleinkind- und Vorschulalter eine holistische Verarbeitung postuliert wird, wird bei Kindern für die Verarbeitung von Gesichtern eine analytische Verarbeitungsform angenommen. Allerdings sind Studien zur Art der Gesichterverarbeitung bisher ausschließlich ab dem Schulalter durchgeführt worden. Deshalb war Ziel der vorliegenden Experimente, die Gesichterverarbeitung im Kleinkind- und Vorschulalter zu untersuchen und zu prüfen, inwieweit die Annahme einer holistischen Verarbeitung auf die Gesichterverarbeitung übertragen werden kann. Im Rahmen altersspezifischer Versionen einer Kategorienlernaufgabe wurde in zwei Experimenten untersucht, ob Klein- und Vorschulkinder (3- und 4jährige (N = 73) in Experiment 1 und 5- bis 7jährige (N = 48) in Experiment 2) auf analytische Weise (durch Fokussierung auf einzelne Gesichtsmerkmale) oder holistische Weise (durch Orientierung an der Gesamtähnlichkeit der Gesichter) lernen, vierdimensional variierte Schemagesichter zu kategorisieren. Die Ergebnisse zeigten, daß bei Kindern zwischen 3 und 7 Jahren eindeutig die analytische Verarbeitung gegenüber der holistischen dominierte. Altersunterschiede verdeutlichten sich darin, wie konsistent die Fokussierungen auf einzelne Merkmale vorgenommen wurden und welche Gesichtsmerkmale der Analyse dienten. Die für die allgemeine visuelle Wahrnehmung angenommene holistische Verarbeitung gilt somit nicht für die Verarbeitung von Gesichtern. Stattdessen beginnt die bislang im Schulalter beobachtete analytische Gesichterverarbeitung bereits im Kleinkindalter.