Aussagepsychologische Begutachtung in Zeiten von ChatGPT

Abstract

Zusammenfassung: Der Beitrag untersucht Möglichkeiten und Grenzen der Vorbereitung einer aussagenden Person auf eine aussagepsychologische Begutachtung mittels ChatGPT, einem populären Chatbot auf Basis künstlicher Intelligenz. Dafür wurden allgemeine und spezifische Fragen an ChatGPT-3.5 gestellt, um dessen Wissensstand über die Begutachtung, eine glaubhafte Darstellung im Allgemeinen, wiederentdeckte Erinnerungen, Übertragungswissen und erfolgreiches Lügen zu ermitteln. Die Ergebnisse zeigen, dass ChatGPT-3.5 zwar über grundlegende Kenntnisse über die aussagepsychologische Begutachtung verfügt. Beispielsweise betont der Chatbot die Bedeutung von konsistenten und detaillierten Aussagen. Über ein tieferes Sachverständnis verfügt ChatGPT-3.5 hingegen nicht. Insbesondere bei Fragen zu einer glaubhaften Darstellung und wiederentdeckten Erinnerungen neigt der Chatbot zu vereinfachten bis inkorrekten Aussagen. Es kann geschlussfolgert werden, dass ChatGPT-3.5 zwar für eine oberflächliche Informationsbeschaffung zur Vorbereitung auf eine aussagepsychologische Begutachtung genutzt werden kann. Tiefe oder gar kritische Einblicke in die Begutachtungsmethodik kann der Chatbot jedoch nicht geben. Die Implikationen und Limitationen des Beitrags werden abschließend diskutiert.